Roboter im Krankenhaus: Ein Gewinn für den Servicebereich?
Von Warentransport über Wäsche bis Reinigung – automatisierte Systeme versprechen Entlastung für das Klinik-Personal im Servicebereich. Doch wie weit ist der Stand der Robotisierung im Krankenhaus und lohnt es sich schon, voll darauf zu setzen? Wir werfen einen Blick auf Potenziale und Grenzen der Technik im Krankenhausalltag.
Was vor wenigen Jahren für die meisten Menschen noch wie Science-Fiction klang, hält heute mehr und mehr Einzug in unseren Alltag: Roboter können mittlerweile viele Aufgaben übernehmen, die bisher von Menschen ausgeführt wurden. Auch in der Klinikwelt werden Roboter an immer mehr Stellen eingesetzt. Dabei entwickeln sich ihre Einsatzmöglichkeiten nicht nur im medizinischen, sondern auch im Servicebereich rasant. Doch sind sie schon in der Lage, den Arbeitsalltag zu revolutionieren und auch wirtschaftlich einen Unterschied für die Klinik zu machen? Wir haben uns den Stand der Robotik in den Bereichen Krankenhausreinigung, Speisenversorgung und Wäscherei genauer angesehen.
Roboterarten im Krankenhaus
Reinigungsroboter
Sie saugen oder wischen, navigieren autonom durch den Raum und fahren genauso autonom zu ihrer Basisstation, wenn ihr Akku geladen oder Putzmittel nachgefüllt werden muss. Reinigungsroboter erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Seit 2021 hat der Verkauf dieser Maschinen laut der „International Federation of Robotics“ rasant zugenommen. Nicht nur in privaten Haushalten, sondern auch in größeren Einrichtungen wie Krankenhäusern kommen sie immer häufiger zum Einsatz. Ein Hauptgrund dafür ist der sich verschärfende Fachkräftemangel sein. Doch können die vollautomatischen Helfer diesen tatsächlich schon auffangen?
Vorteile: Besonders auf großen, freien Flächen wie langen Fluren oder leeren Räumen entfalten Reinigungsroboter ihre Vorteile. Sie können zu jeder Tages- und Nachtzeit schrubben und putzen und so effizient für Sauberkeit im Krankenhaus sorgen. Einige Roboter sind mittlerweile in der Lage, sich miteinander zu vernetzen und zu kommunizieren oder automatische Türen im Flur und am Fahrstuhl zu bedienen. Damit können sie sogar auf verschiedenen Stockwerken im Einsatz sein. Da die Reinigung großer Flächen per Hand besonders zeitaufwändig, ermüdend und körperlich anstrengend ist, können Roboter das Personal hier stark entlasten. Dadurch kann dieses sich besser auf andere wichtige Aufgaben konzentrieren.
Nachteile: Bisher sind die meisten Reinigungsroboter nicht in der Lage, auch Nischen gut und effizient zu reinigen. In schwer zugänglichen Bereichen oder kleinen Räumen mit viel Inventar ist der Mensch meistens gründlicher, schneller und damit auch effizienter als der motorisierte Kollege. Auch muss nach dem Reinigungsvorgang ein Mensch das Ergebnis kontrollieren, um den besonderen Hygieneanforderungen im Klinikbereich gerecht zu werden. Somit sind Reinigungsroboter noch kein vollständiger Ersatz für wegfallende Fachkräfte, sondern lediglich eine Unterstützung für das Reinigungsteam. Um flächendeckend zur Anwendung zu kommen, müssen die Roboter auch langlebiger werden. Zu häufig fallen sie derzeit noch aus. Experten rechnen jedoch damit, dass die Technik schon in wenigen Jahren so ausgereift ist, dass sie echte wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt.
Kochroboter und Roboter im Küchenservice
In der Speisenversorgung sind derzeit Lieferroboter auf dem Vormarsch, die autonom Geschirr und Tabletts hin und her transportieren. In Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen werden sie bereits vielerorts eingesetzt, da hier die Wege und Abläufe relativ gleichförmig und routiniert sind. Im Krankenhaus hingegen ist der Einsatz von Robotik an vielen Stellen noch in der Erprobungsphase, etwa bei der Zubereitung und der Portionierung von Speisen in der Küche. Seit neuestem gibt es allerdings im Universitätsklinikum Tübingen eine Roboterküche, die rund um die Uhr Speisen für Personal und Besucher zubereitet. Angesichts der Personalknappheit auch im Küchen- und Servicebereich stellt sich also die Frage: Sind Menschen in der Krankenhausküche in Zukunft verzichtbar?
Vorteile: Eine vollautomatische Roboterküche, wie jene in Tübingen, hat vor allem den Vorteil, dass sie zu jeder Tages- und Nachtzeit einsatzbereit ist – ohne Ermüdung, ohne Nacht- oder Feiertagszuschläge. Besonders in den Randschichten, für die sich nur noch schlecht Personal findet, kann sie ein echter Gewinn für das Krankenhaus sein. In der Uniklinik in Tübingen kocht die Roboterküche hauptsächlich außerhalb der Öffnungszeiten des Betriebsrestaurants. So können Mitarbeitende auch in der Nachtschicht oder an Feiertagen eine warme, frisch zubereitete Mahlzeit bekommen. Lieferroboter können das Servicepersonal in den Kliniken entlasten, indem sie Speisen auf der Station verteilen und leeres Geschirr und Tabletts wieder einsammeln. Sie sind wendig und können Tabletts auf mehreren Etagen gleichzeitig transportieren.
Nachteile: In der Patientenverpflegung sind vollautomatische Küchen bisher noch eine Zukunftsvision. Denn um zeitgleich mehrere hundert Patienten in ihren Zimmern versorgen zu können, müssten die Roboter eine Möglichkeit haben, das Essen vorzuproduzieren, einzulagern, zu kühlen oder einzufrieren und nach dem Transport zur Station wieder zu regenerieren. Für diese komplexe Aufgabenkette müssen erst noch die passenden Geräte entwickelt und getestet werden, bevor sie marktreif werden.
Roboter in der Wäscherei
In Wäschereien sind die Arbeitsbedingungen hart: hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit, unergonomische Arbeitsprozesse und Hygienerisiken schrecken immer mehr Menschen davon ab, dort zu arbeiten. Roboter sind bereits vielfach im Einsatz, um Aufgaben zu übernehmen. Besonders in der Weiterverarbeitung nach dem Waschen sind sie verbreitet, denn hier beginnt ein mehrstufiger Prozess, der bei Menschen mit fortschreitender Arbeitsdauer zur Ermüdung führt.
Vorteile: Roboter in der Wäscherei haben viele Vorteile, weshalb sie auch schon seit mehreren Jahren vielerorts eingesetzt werden. Etabliert sind Roboter mittlerweile in der Qualitätskontrolle, bei der sie die gewaschene Wäsche auf Fehler überprüfen und gegebenenfalls aussortieren. Es gibt auch bereits Systeme, die vollautomatisch die gesamte Bearbeitung der Wäsche nach dem Waschen übernehmen, also Mangeln, Überprüfen, Falten, und Stapeln. Je gleichförmiger die Wäschestücke – etwa bei Bettwäsche -, desto leichter können Arbeitsschritte automatisiert werden.
Nachteile: Da Roboter in großen Wäschereien in der Entwicklung weit fortgeschritten und bereits erfolgreich im Einsatz sind, haben sie wenige Nachteile. Zwar ersetzen auch sie bisher nicht alle Arbeitsschritte komplett. Doch der Weg dorthin ist absehbar, sodass Menschen in einigen Jahren voraussichtlich nur noch für das Bedienen, Warten und Reparieren der Maschinen zuständig sein werden.
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Lohnt sich der Einsatz von Robotern im Krankenhaus?
Roboter werden die Krankenhäuser erobern, soviel steht fest. Dabei wird ihr Einsatz künftig mehr und mehr zur Notwendigkeit, da der Fachkräftemangel in allen Bereichen spürbar ist und weiter zunehmen wird. Die automatischen Helfer haben großes Potenzial, ihre menschlichen Kollegen zeitlich und körperlich zu entlasten. Vor allem dort, wo die Technik bereits zuverlässig funktioniert, kann sie ihre Vorteile ausspielen. Noch nicht in allen Bereichen des Krankenhauses ist dies jedoch der Fall. Das liegt zum einen an der hohen Komplexität der Abläufe im Krankenhaus, zum anderen aber auch daran, dass die Hygiene- und IT-Sicherheitsanforderungen im Gesundheitswesen höher sind als in anderen Bereichen. Welche Anschaffung sich für die eigene Klinik wirklich lohnt, muss also im Einzelfall geprüft werden. Nicht immer müssen Roboter gekauft werden, es gibt auch Leasing- oder Mietangebote in diesem Segment.
Betrachtet man die Geschwindigkeit, in der die Entwicklung derzeit voranschreitet, ist abzusehen, dass schon in wenigen Jahren eine völlig neue Generation von Robotern in Krankenhäusern zur Verfügung steht. Es ist also höchste Zeit, sich mit diesem Trend zu beschäftigen, um den tertiären Bereich im Krankenhaus zukunftssicher aufzustellen.
Michael Schlicker
Leitung Speisenversorgung, Reinigung & Logistik
Michael Schlicker arbeitete zunächst als Koch und Küchenleiter in verschiedenen Krankenhäusern. 2005 übernahm er in einer großen deutschen Klinikgruppe die regionale Leitung der Bereiche Speisenversorgung und Reinigung. Im gleichen Konzern leitete er in der Folge unter anderem den zentralen Bereich Reinigung sowie Servicegesellschaften der Zweige Catering, Reinigung und Technik und Logistik.