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11.2023

Achtung Haftungsrisiko!

Ein Prüfsiegel neben einem An- und Ausschalt-Knopf

Klar, überall wo Menschen handeln, passieren Fehler. Doch im Krankenhaus kann eine kleine Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit die Gesundheit und im schlimmsten Fall das Leben von Menschen gefährden. Die Verantwortung lastet dabei in einigen Fällen direkt beim Geschäftsführer einer Klinik – und zwar nicht nur im medizinischen, sondern auch im tertiären Bereich. Deshalb sollte die Geschäftsführung auch diese Bereiche im Blick behalten.

 

Nicht nur Fehler im medizinischen Bereich gefährden die Gesundheit und das Leben von Patienten im Krankenhaus. Auch, wenn beispielsweise medizintechnische Geräte nicht gewartet werden, wenn bei der Sterilgutaufbereitung gepfuscht wird oder wenn Reinigungskräfte in viel zu kurzer Zeit für hygienische Verhältnisse sorgen sollen, werden Patienten und Mitarbeiter einem Risiko ausgesetzt.

Die Verantwortung für den fehlerfreien Ablauf dieser Prozesse im tertiären Bereich eines Krankenhauses trägt der Klinikgeschäftsführer. Er muss sicherstellen, dass alle Pflichten, Normen und Gesetze eingehalten und den Mitarbeitenden entsprechend bekannt gemacht werden.

Sterilgutaufbereitung

Die Sterilgutaufbereitung ist ein sensibler Bereich im Krankenhaus, der mit großer Verantwortung einhergeht. Werden hier Pflichten vernachlässigt, kann das katastrophale Folgen für die Hygiene und damit für die Gesundheit der Patienten und auch des Personals haben. Darüber hinaus zeigen Hygieneskandale aus der Vergangenheit, dass der Reputationsverlust in solchen Fällen immens ist.

Dass Nachlässigkeit im Bereich der Sterilgutaufbereitung auch für den Klinikgeschäftsführer übel ausgehen kann, zeigt der Hygieneskandal an einer Uni-Klinik. Ein ehemaliger Geschäftsführer der Klinik wurde 2021 nach einem langen Verfahren zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung und 75.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Der Grund: vorsätzliche Verstöße gegen das Medizinproduktegesetz. So hatte der Ex-Geschäftsführer trotz zahlreicher Beschwerden aus der Ärzte- und Belegschaft über unzureichend aufbereitetes, verschmutztes Sterilgut keine ausreichenden Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel ergriffen.​

Qualitätsmanagement

Welche Pflichten der Geschäftsführer als Betreiber eines Krankenhauses im Bereich der Sterilgutaufbereitung konkret hat, haben die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (Krinko) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in den „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ festgelegt. So legt es auch Pflichten fest, mit denen sichergestellt wird, dass die Qualität des Aufbereitungsprozesses kontinuierlich gewährleistet ist. Der Betreiber der Klinik muss für die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems sorgen – hier liegt die Letztverantwortung also wieder direkt in den Händen des Geschäftsführers. Delegiert er diese Aufgabe, muss er die Beauftragten sehr sorgfältig auszuwählen.

Für das Qualitätsmanagement müssen die Zuständigkeiten für alle Schritte der Aufbereitung geregelt und schriftlich dokumentiert werden. Die korrekte Einstufung der Medizinprodukte in Risikostufen kann nur von fachkundigem Personal ausgeführt und die Wirksamkeit der Aufbereitung nur von eben diesem bewertet werden. Für die Einhaltung ist der Betreiber ebenfalls verantwortlich. Auch hat der Betreiber schriftlich festzulegen, ob, mit welchen Verfahren und unter welchen Bedingungen (z. B. Räume, Arbeitsmittel, Qualifikation des Personals) Medizinprodukte, die in seinem Verantwortungsbereich betrieben, aufbereitet und gelagert werden.

Bei der Aufbereitung durch externe Dienstleister wird empfohlen, die Rechte und Pflichten des Betreibers und des Auftragnehmers sowie die Modalitäten der Übergabe, Rückgabe und Aufbereitung der Medizinprodukte schriftlich in einem Vertrag zu fixieren. Das auftragnehmende Unternehmen hat ein Qualitätsmanagementsystem nachzuweisen, das die Erfüllung der genannten Anforderungen sicherstellt.

Ausbildung des Personals

Wer Medizinprodukte aufbereitet, muss über die entsprechende Sachkenntnis verfügen. Diese umfasst laut Krinko und BfArM mindestens folgende Inhalte:

– Instrumentenkunde
– Kenntnisse in Hygiene und Mikrobiologie
– Risikobewertung und Einstufung von Medizinprodukten nach festlegten Risikokriterien

Die Geschäftsführung muss sicherstellen, dass die in der Aufbereitung beschäftigten Mitarbeiter über diese Kenntnisse verfügen. Dazu müssen Ausbildungs- oder Fortbildungsnachweise vorgelegt werden.

Ausbildung von Fachkräften zur  Sterilgutaufbereitung: Personen zeigen auf ein Blatt Papier.

Die Sachkenntnis über Sterilgutaufbereitung wird in speziellen Kursen vermittelt. 

Validität des Aufbereitungsprozesses

Die Validität des Aufbereitungsprozesses zu überprüfen bedeutet, zu testen, ob die Geräte, mit denen medizinische Produkte sterilisiert werden, noch dem normativ geforderten Leistungsspektrum entsprechen. Mit dieser Aufgabe werden unabhängige Labore oder der Hersteller des Reinigungs- und Desinfektions- oder Sterilisationsgerätes beauftragt. Der Betreiber des Gerätes muss sicherstellen, dass Prüfungen und Wartungen jährlich stattfinden.

Medizintechnik

Die Gesamtverantwortung für das Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten liegt ebenfalls bei der Klinikgeschäftsführung. Im Alltag kann die Geschäftsführung die Einhaltung der zahlreichen gesetzlichen Vorgaben jedoch nicht allein schultern. Sie kann daher diese Aufgaben auf bestimmte Personen in der Klinik übertragen, die dementsprechend Verantwortung übernehmen.

Medizinprodukteverantwortliche

Um die Verantwortung zu delegieren, ist es der Geschäftsführung möglich, Medizinprodukteverantwortliche zu bestellen – in der Regel sind dies Chefärzte des jeweiligen Fachbereichs. Die Bestellung sollte schriftlich erfolgen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit – und ist gängige Praxis – Medizinproduktebeauftrage in den jeweiligen Stationen zu bestellen.

Eine Ärztin hält eine Checkliste in der Hand.

Medizinprodukteverantwortliche sind häufig Chefärzte des jeweiligen Fachbereichs. 

Instandhaltung

Ein wichtiger Punkt in dem Gesetz betrifft die Instandhaltung von Medizintechnik. Nur fehlerfrei funktionierende Medizinprodukte können auch zum Wohle des Patienten eingesetzt werden. Dafür müssen sie regelmäßig auf ihre ordnungsgemäße Funktionalität hin überprüft werden, etwa durch sicherheitstechnische Kontrollen (STK), messtechnische Kontrollen (MTK) oder der elektronischen Sicherheitsprüfung (DGUV V3). Der Klinikgeschäftsführer darf hierfür Fachpersonal beauftragen. Dabei muss er sicherstellen, dass die Voraussetzung zur ordnungsgemäßen Ausführung bei dem beauftragten Mitarbeiter oder Dienstleister vorliegen. Es sollte eine schriftliche Bestätigung zur Absicherung von möglichen Verstößen vorliegen. Nur so kann die Klinik im Ernstfall nachweisen, dass kein Organisationsverschulden vorliegt. Die Instandhaltungsmaßnahmen und insbesondere die Prüfprotokolle müssen darüber hinaus vollständig dokumentiert werden.

Meldepflichten

Sowohl Hersteller als auch Betreiber beziehungsweise Anwender sind verpflichtet, Vorkommnisse zu melden. Die Meldung ist unverzüglich an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu richten. Ein Beauftragter für Medizinproduktesicherheit muss als Kontaktperson für Behörden, Hersteller und Vertreiber im Krankenhaus zur Verfügung stehen. Darüber hinaus muss auf der Krankenhauswebseite eine Meldeadresse hinterlegt sein.

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Unterhaltsreinigung

Die Unterhaltsreinigung wird in vielen Kliniken an externe Dienstleister übertragen. Doch egal, ob intern oder extern – die Haftung für Fehler in diesem Bereich liegt beim Geschäftsführer persönlich. Als Auftraggeber ist er verpflichtet, dass der Standard der guten Hygienepraxis eingehalten wird.  Auch die Einhaltung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes liegt in seiner Verantwortung.

Eine Reinigungsperson mit Handschuh hält eine Sprühflasche in der Hand

Reinigungskräfte sorgen für Hygiene im Krankenhaus. 

Ausschreibung

Ein besonderes Augenmerk sollte die Geschäftsführung daher bereits auf die Ausschreibung legen. Denn hier wird der Grundstein dafür gelegt, dass die Reinigung rechtlich einwandfrei durchgeführt wird. In der Ausschreibung sollten nicht ausschließlich wirtschaftliche Faktoren eine Rolle spielen. Es ist genauso wichtig, dass die vorgesehenen Aufgaben auch in der angegebenen Zeit und zum angegebenen Stundenpreis machbar sind. Hierbei ist besonders der Leistungswert (also die Quadratmeterzahl pro Stunde) und die Kalkulation des sogenannten Stundenverrechnungssatzes zu beachten. Dies ist der Betrag, den das Reinigungsunternehmen pro Stunde für seine Dienstleistung berechnet. Empfehlenswert ist es, eine Testreinigung durchführen zu lassen, in der ermittelt wird, ob die angegebene Quadratmeterzahl pro Stunde auch realistisch ist.

Arbeitnehmer-Entsendegesetz

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz soll dafür sorgen, dass für alle Arbeitnehmer gleiche tarifvertraglich verbindliche Arbeitsbedingungen gelten und Lohndumping verhindert wird. Um dies zu überprüfen, darf der Zoll verdachtslose Prüfungen in Reinigungsobjekten durchführen. Die Klinik muss in diesem Fall den Mitarbeitern des Zolls den Zutritt gewähren, die auch das Reinigungspersonal befragen. Wenn der Zoll feststellt, dass gegen den Mindestlohn verstoßen wurde, kann ein Bußgeldverfahren gegen die Klinik als Auftraggeber eingeleitet werden. Auch den Stundenverrechnungssatz kann der Zoll kontrollieren. Ergibt sich hierbei der Verdacht, dass dieser nicht auskömmlich ist für den Auftragnehmer, wird Sozialversicherungsbetrug angenommen. Dieser kann mit hohen Strafen, bis hin zu einer Gefängnisstrafe belegt werden.

Hygiene

Ein weiterer kritischer Punkt in der Unterhaltsreinigung sind Hygienemängel, die einen Patientenschaden zur Folge haben. Die Klinik muss im Fall eines Rechtsstreits nachweisen, dass sie korrekt gehandelt und ein gutes Hygienekonzept umgesetzt hat. Eine lückenlose Dokumentation ist deshalb in der Unterhaltsreinigung einer Klinik Pflicht. Dazu zählen auch die Schulungsnachweise der Mitarbeiter, insbesondere die Einarbeitungsnachweise. Regelmäßig sollten Qualitätsmanagement-Checks durchgeführt werden, in der die Qualität der Zimmerreinigung überprüft wird. Der Klinikgeschäftsführer muss sicherstellen, dass die Aufgaben an fachlich ausreichend kompetente Mitarbeiter delegiert werden. Wenn dies nicht der Fall ist, steht er im Organisationsverschulden und ist damit regresspflichtig. Eine enge Abstimmung in allen Prozessen zwischen Reinigung und Krankenhaushygiene ist darüber hinaus unerlässlich.

Für den Ernstfall gewappnet sein

Wenn es heißt, dass eine Geschäftsführung im Ernstfall für Schäden haftet, bedeutet das nicht, dass der Geschäftsführer der Klinik seine Augen und Ohren im Alltag permanent in allen Prozessen haben muss. Das könnte eine einzelne Person auch nicht leisten. Doch ist es seine Aufgabe, in vielen wichtigen Bereichen dafür Sorge zu tragen, dass Aufgaben an qualifiziertes Personal delegiert wird, dass Schulungen und Wartungen in den festgelegten Intervallen vorgenommen werden und dass allen Dokumentationspflichten nachgekommen wird. Gerade der letztgenannte Punkt ist in einem Gerichtsverfahren wichtig und kann über dessen Ausgang entscheiden. Denn wer fehlerloses Verhalten dokumentiert hat, kann es im Ernstfall vor Gericht immer nachweisen und entgeht dem Vorwurf des Organisationsverschuldens.

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Nicole Borgmann

Leitung Sterilgutversorgung

 
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Mahnaz Buschmann

Geschäftsführerin consus infratech

 
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Christina Troha

Leitung Krankenhausreinigung

 
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