Blog | Fachbeitrag
01.2024

Warum gesundes Essen im Krankenhaus so wichtig ist

Eine Auswahl an gesunden Speisen in Schüsseln

Dass die Ernährung eine große Rolle für die Gesundheit spielt, ist bekannt. Doch wird in Krankenhäusern nicht immer das gesündeste Essen serviert. Auch die Bundesregierung pocht in ihrer Ernährungsstrategie auf eine Verbesserung der Verpflegung in Kliniken.

Das Essen im Krankenhaus genießt oftmals keinen guten Ruf. Regelmäßig teilen Patienten in sozialen Netzwerken Fotos, auf denen lieblos zusammengematschte Mahlzeiten, Tabletts mit blassen Toastscheiben und Menüs ohne Obst oder Gemüse zu sehen sind. Tatsächlich ist die Ernährung im Krankenhaus ein wunder Punkt, der bereits Ärzte und Wissenschaftler auf den Plan gerufen hat. In einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Bundesernährungsminister Cem Özdemir mahnte eine Reihe namhafter Mediziner und Ernährungswissenschaftler 2022 an, das Essen im Krankenhaus zur Chefsache zu machen. Sie forderten unter anderem eine bessere Finanzierung der Krankenhausverpflegung sowie verpflichtende Standards für eine vollwertige, pflanzenbetonte und nachhaltige Ernährung in Krankenhäusern. Die aktuelle deutsche Krankenhausernährung sei in der Regel nicht gesundheitsfördernd und nachteilig für Menschen, Tiere und Umwelt. Sie stehe damit im Widerspruch zum Präventions- und Heilungsauftrag der Krankenhäuser.

Auch in der kürzlich vom Kabinett abgesegneten Ernährungsstrategie der Bundesregierung hat das Thema an Relevanz gewonnen. Eine ausgewogene und gesundheitsförderliche Ernährung benötige „im medizinischen Kontext mehr Beachtung und Berücksichtigung“, heißt es darin. Konkret solle etwa bei Klinikaufenthalten oder medizinischer Rehabilitation „die Verpflegung vor Ort den Heilungs- und Erholungsprozess besser unterstützen“. Und auch Patienten zu Hause sollten „Anregungen für eine gesunde und nachhaltige Ernährung erhalten“.

Der DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kliniken

Doch was genau ist gesund? Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liefert eine vollwertige Ernährung eine dem Bedarf entsprechende Energiemenge und ausreichend Flüssigkeit. Sie stellt die Versorgung mit den Energielieferanten Fett, Kohlenhydrate und Protein in einem ausgewogenen Verhältnis sicher. Außerdem enthält sie Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe in ausreichender Menge.

Im DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kliniken vereint die DGE Aspekte der Gesundheitsförderung und der Nachhaltigkeit. Denn neben der Gesundheit der Patienten muss auch die Gesundheit des Planeten in den Blick genommen werden, so die Argumentation. Da der Verzehr von Lebensmittelgruppen wie Gemüse, Hülsenfrüchte, Salat, Vollkorngetreide und Obst für beide Ziele förderlich ist, empfiehlt die DGE für sie Mindesthäufigkeiten für den Speiseplan von Kliniken. So soll beispielsweise nach dem DGE-Qualitätsstandard dreimal pro Tag Gemüse angeboten werden. Für Lebensmittelgruppen wie Fleisch oder stark verarbeitete und frittierte Produkte hingegen legt die DGE Maximalhäufigkeiten fest, da ein Zuviel davon weder gesund noch nachhaltig ist. Fleisch soll demnach maximal dreimal pro Woche mittags auf dem Teller der Patienten landen.

Weitere Kriterien, die bei der Krankenhausverpflegung beachtet werden sollten, sind die Anpassung der Speisen an die Bedürfnisse der Patienten oder medizinische Indikationen. So sollten sowohl Vegetarier und Veganer auf ihre Kosten kommen als auch Menschen, die beispielsweise eine Lactoseintoleranz oder Nierenerkrankung haben.

Wie viele Kliniken ihre Standards umsetzen, kann die DGE nicht beziffern. Sie bietet jedoch die Zertifizierung „Station Ernährung“ für Kliniken an, die freiwillig den Standard umsetzen. Derzeit tragen laut DGE 38 Krankenhäuser das Station-Ernährung-Logo. Zusätzlich sind acht Caterer zertifiziert, die Krankenhäuser beliefern.

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Die Bedeutung gesunder Ernährung im Krankenhaus

Gesunde Ernährung im Krankenhaus unterstützt Genesung und Wohlbefinden. Eine Schweizer Studie untermauert diese Alltagsweisheit. Die Effort-Studie aus dem Jahr 2019 kam zu dem Ergebnis, dass Wunden besser heilen und es zu weniger Komplikationen bei und nach Operationen kommt, wenn Patienten sich gesund ernähren. Selbst das Risiko, an ihrer Krankeheit zu sterben, ist geringer.

Bei einigen Krankheiten wie Diabetes, Zöliakie oder Allergien gehört die Ernährung zur Therapie und spielt damit eine noch wichtigere Rolle für die Gesundheit der Patienten. Auch die Mangelernährung ist ein Krankheitsbild, das insbesondere bei onkologischen und geriatrischen Patienten, die ins Krankenhaus kommen, vorliegt. Laut einer Studie sind in deutschen Kliniken bis zu 30 Prozent der Patienten mangelernährt. Mangelernährt bedeutet, dass nicht ausreichend Kalorien aufgenommen werden oder lebenswichtige Nahrungsbestandteile, etwa Vitamine oder Proteine, fehlen. Dieser Umstand wiederum verschlechtert in vielen Fällen die Prognose für Erkrankte und führt dazu, dass sie länger im Krankenhaus bleiben müssen.

Die DGE und die Verfasser des Offenen Briefes zur Verbesserung der Krankenhausernährung weisen darüber hinaus darauf hin, dass das Essen im Krankenhaus auch eine Vorbildfunktion habe. Eine ausgewogene Ernährung in der Klinik kann Patienten dabei helfen, ihr Verhalten auch nach dem Aufenthalt zu verändern und sich fortan gesünder zu ernähren.

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Herausforderungen bei der Krankenhausverpflegung

Trotz all der Gründe, die für eine gesunde Ernährung im Krankenhaus sprechen, hapert es noch in vielen Häusern an der Umsetzung. Das liegt zum einen daran, dass auch die Speisenversorgung mit jedem Euro haushalten muss. Denn für die Verpflegung im Krankenhaus gibt es kein Extrabudget. Die Kosten dafür müssen aus den DRG-Erlösen entnommen werden. Steigen Einkaufs-, Energie- oder Personalkosten, wird es somit auch eng, was die Möglichkeiten auf dem Patiententeller betrifft.

Hinzu kommt, dass in vielen Krankenhäusern noch veraltete Strukturen und Speisenversorgungs-Systeme im Einsatz sind, die lange Warmhaltezeiten der Speisen vorgeben. Bei diesen cook&serve- oder cook&hold-Systemen wird in der Krankenhausküche schon morgens gekocht und die Speisen werden bis zum Verzehr durch den Patienten warmgehalten. Dabei gehen jedoch gesunde Inhaltsstoffe der Lebensmittel wie Vitamine und Mineralstoffe verloren. In moderne Koch-Systeme zu investieren, ist angesichts der derzeit angespannten wirtschaftlichen Lage in den meisten Kliniken schwierig. Darüber hinaus müssen diese modernen Systeme auch richtig bedient werden, was die richtige Fachexpertise voraussetzt. Der Fachkräftemangel bei Köchen und Servicekräften ist daher eine weitere Herausforderung, mit der die Krankenhausverpflegung zu kämpfen hat.

Lösungsansätze für gesünderes Krankenhausessen

Doch gesundes Essen und Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus schließen sich nicht aus – ganz im Gegenteil. Orientiert sich eine Klinik an den Empfehlungen der DEG tut sie nicht nur ihren Patienten etwas Gutes, sondern auch ihrem Budget. Denn Fleisch ist die teuerste Komponente auf dem Speiseplan. Das heißt, wenn häufiger Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst auf dem Teller landen, spart das Geld beim Einkauf. Auch saisonale und regionale Produkte können häufig preisgünstiger eingekauft werden als von weit her importierte.

Gesunde Krankenhausernährung beginnt darüber hinaus schon bei den Auswahlmöglichkeiten und der Menüwunscherfassung am Patientenbett. Die Erfahrung zeigt etwa, dass vegetarische Gerichte häufiger von den Patienten gewählt werden, wenn sie ganz oben auf der Menüliste stehen. Ein guter Service, der die Wünsche beim Patienten regelmäßig abfragt, steigert darüber hinaus sowohl die Patientenzufriedenheit als auch die Wirtschaftlichkeit. Fehlbestellungen werden so weitestgehend vermieden und es werden weniger Lebensmittel weggeworfen.

Wenn es die finanzielle Lage zulässt, sollte die Klinik in ein modernes Speisenversorgungs-System wie cook&chill investieren. Dabei wird das Essen nach dem Kochen heruntergekühlt, auf die Stationen verteilt und dort erst kurz vor der Verteilung auf Verzehrtemperatur gebracht („regeneriert“) und warm an die Patienten verteilt. So bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe weitgehend erhalten.

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Kochsysteme cook&serve (links) und cook&chill.

Fokus auf Ernährung lohnt sich

Bei der Ernährung im Krankenhaus gibt es noch viel Handlungsbedarf. Immerhin hat auch die Bundesregierung diesen erkannt und formuliert dies in ihrer Ernährungsstrategie. Der Fokus auf dieses Thema lohnt sich in vielerlei Hinsicht: für die Klinik, für die Umwelt und vor allem für die Patienten.
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Michael Schlicker

Michael Schlicker

Leitung Speisenversorgung

 

Michael Schlicker arbeitete zunächst als Koch und Küchenleiter in verschiedenen Krankenhäusern. 2005 übernahm er in einer großen deutschen Klinikgruppe die regionale Leitung der Bereiche Speisenversorgung und Reinigung. Im gleichen Konzern leitete er in der Folge unter anderem den zentralen Bereich Reinigung sowie Servicegesellschaften der Zweige Catering, Reinigung und Technik und Logistik.






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