Der Hausärzte-Mangel erreicht Berlin: Krankenhäuser als Hausarztersatz?
Hausarzt gesucht! Dringend! Der Ärztemangel, der bisher vor allem auf dem Land Sorgen bereitete, erreicht die Stadt – konkret: die Hauptstadt. So beherzt Bundesgesundheitsminister Lauterbach die Strukturen der Krankenhäuser umbauen will („Revolution“), so wenig ist bisher zu hören über die Lösung der Probleme im ambulanten Bereich. Was bedeutet der Hausärzte-Mangel für die Kliniken?
Nicht mehr nur in der Lausitz oder in entfernten Gebieten der schwäbischen Alb finden Patienten keinen Hausarzt mehr, sondern auch in Berlin: in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick. Sicher, wer in Berlin-Mitte, dem Szene-Viertel Prenzlauer Berg oder den alten wohlhabenden Stadtteilen weit im Westen wohnt, spürt den Hausärzte-Mangel (noch) nicht. Aber im (ärmeren) Osten der Stadt ist die Lage mittlerweile so dramatisch, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit einem Tabu bricht: Sie gründet in den besagten Bezirken der Hauptstadt eigene Arztpraxen, in denen angestellte Ärztinnen und Ärzte arbeiten sollen. Im Februar nahm bereits die zweite KV-eigene Praxis ihre Arbeit auf, weitere sollen folgen.
Allerdings wird das lediglich Linderung verschaffen. 135 Hausarztsitze sind in den drei Berliner Bezirken derzeit offen. Wohin werden verzweifelte Bürger gehen, wenn sie keinen Hausarzt mehr finden, sei es in der Stadt oder auf dem Land? Richtig: ins nächstgelegene Krankenhaus. Die Häuser sind auf den Ansturm infolge es Hausärzte-Mangels aber nicht eingestellt. Auch die Höhe der Vergütung für die Behandlung dieser Patienten wirft aus Krankenhaussicht Fragen auf.
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Die Krankenhausreform wird den Hausärzte-Mangel nicht lösen
Die Vorschläge der Expertenkommission zur Reform der Krankenhäuser adressieren das Problem des Hausärzte-Mangels nur teilweise. Immerhin, ihr Konzept zur Reform der Notfallversorgung würde den Kliniken die Möglichkeit geben, verstärkt Strukturen aufzubauen, mit denen sie ambulante Patienten effizient behandeln könnten. Aber bedeutet das auch, dass Krankenhäuser künftig die ambulante haus- und fachärztliche Versorgung sicherstellen müssen, wenn die Kassenärztlichen Vereinigungen dabei versagen? Es wäre gut, wenn der Bundesgesundheitsminister und seine Kommission auch darauf eine Antwort gäben.
Die Verantwortlichen in den Krankenhäusern sollten die ambulante Situation in ihrem Einzugsgebiet jedenfalls im Blick haben. Die Leitfrage: Wie kann eine KV-Notdienstpraxis, aber auch eine darüber hinausgehende ambulante Versorgung aussehen – logistisch, baulich und prozessual? Das zu beantworten ist sicher nicht leicht, schweben derzeit doch alle in großer Unsicherheit angesichts der Lauterbach’schen Revolutionspläne, deren Gelingen noch völlig unklar ist. Aber gerade deshalb ist es notwendig, schon heute in konkreten Szenarien zu denken und sich weitsichtig klug aufzustellen. In jedem Fall ist es richtig, den sich abzeichnenden Ärztemangel im niedergelassenen Bereich nicht zu ignorieren.
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Stephan Balling
Public Affairs
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