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02.2024

Aktueller Stand zur PPR 2.0 – wie sich Kliniken vorbereiten sollten

Pflegekräfte in einem Krankenhausflur.

Die Pflegepersonalregelung PPR 2.0 sollte am 22. März vom Bundesrat verabschiedet werden – wurde jedoch auf den letzten Metern noch einmal gestoppt. Kliniken sollten sich jetzt dennoch bestmöglich auf die neuen Vorgaben und all ihre Herausforderungen einstellen.

Sie soll eine bedarfsgerechte Pflege für Krankenhauspatienten sicherstellen, die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessern und damit zur Fachkräftesicherung beitragen: die Pflegepersonalregelung – kurz PPR 2.0. Zuletzt war geplant, sie zum 1. Juni 2024 in Kraft treten zu lassen. Dies ging aus dem Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hervor, das im Februar dem Bundesrat zugeleitet wurde. Die Länderkammer sollte am 22. März 2024 darüber abstimmen. Doch im Gesundheitsausschuss des Bundesrats Anfang März äußerte Bayern Bedenken. So wurde die Abstimmung erneut verschoben.

Auch wenn jetzt wieder unklar ist, wann die Regelung in Kraft tritt, sollten Krankenhäuser die Zeit nutzen, um sich bestmöglich auf die Einführung vorzubereiten. 

So soll die PPR 2.0 funktionieren

Die PPR 2.0 soll künftig verbindlich vorgeben, wie hoch die Anzahl der Pflegekräfte ist, die pro Schicht auf bettenführenden Stationen einer Klinik arbeiten. Dabei wird unterschieden zwischen der PPR 2.0 für Erwachsene und der PPR 2.0 für Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche.

Um die Zahl der einzusetzenden Pflegekräfte für eine Station für Erwachsene auszurechnen, sollen täglich alle Patienten auf einer Station erfasst und aufgrund der für sie notwendigen Pflegeleistungen einer von 16 Patientengruppen zugeordnet werden. Jeder Patientengruppe wird ein fester Minutenwert zugrunde gelegt. Die daraus errechneten Minuten werden wiederum in Vollzeitstellen umgerechnet. So ergibt sich der Soll-Wert für die Personalausstattung. Unterschreitet die tatsächliche Zahl von Pflegepersonal diesen Wert, sollen nach einer Übergangsphase Sanktionen fällig werden.

Zunächst wird die PPR 2.0 für Erwachsene nur tagsüber von 6 Uhr bis 22 Uhr und nur auf Normalstationen gelten. In der Nacht werden weiter die Personaluntergrenzen nach PpUGV wirksam sein. Die PPR 2.0 für Kinder soll hingegen auch für die Intensivstation und rund um die Uhr gelten. Aktuell sind in der PPR 2.0 für Kinder 48 Patientengruppen vorgesehen. ​

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Der lange Weg zur PPR 2.0

​Schon im Juni 2019 einigten sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Deutsche Pflegerat (DPR) und die Gewerkschaft ver.di darauf, ein Pflegepersonalbemessungsinstrument zu entwickeln. Die drei Verbände verständigten sich im August 2019 auf erste Eckpunkte und anschließend auf die PPR 2.0. Diese basiert auf den Grundlagen der PPR aus dem Jahr 1992. Die PPR war 1997 wieder abgeschafft worden, wurde aber von vielen Krankenhäusern intern weiter als Grundlage für die Berechnung von Personalschlüsseln eingesetzt.

Die Ampel-Regierung vereinbarte in ihrem Koalitionsvertrag im Dezember 2021, die PPR 2.0 kurzfristig einzuführen. Doch dauerte es noch bis November 2023, bis das Ministerium den Referentenentwurf zur PPR 2.0 vorlegte. Darin war der 1. Januar 2024 für die Einführung der Regelung vorgesehen. Mehrere Pflegeverbände protestierten jedoch massiv und kritisierten den Zeitrahmen als zu eng. Daraufhin verschob das BMG die Einführung.

Im Februar 2024 wurde der Entwurf für die Pflegepersonalbemessungsverordnung schließlich dem Bundesrat zugeleitet. Dieser sollte in seiner Sitzung am 22. März darüber beschließen. Doch im Gesundheitsausschuss des Bundesrates am 6. März 2024 blockierte Bayern das Vorhaben und äußerte erneute Bedenken. Damit ist ein Inkrafttreten zum 1. Juni 2024 nun wohl vorerst wieder vom Tisch.

Wenn die PPR 2.0 eingeführt wird, müssen Kliniken damit beginnen, ihre Ist- und ihre Soll-Personalbesetzung zu ermitteln und quartalsweise dem InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) zu melden. Innerhalb einer einjährigen Übergangsfrist sollen noch keine Sanktionen für eine Unterschreitung der Personalbemessung gelten. Ab 2025 soll dies jedoch der Fall sein.

Herausforderungen bei der Einführung der PPR 2.0

Die Umsetzung der Verordnung in den Häusern benötigt Zeit. Einerseits müssen die Möglichkeiten für die elektronische Erfassung und Weiterleitung der Daten an das IneK in den Häusern geschaffen werden. Andererseits müssen die Pflegekräfte umfassend zu Inhalt und Anwendung der PPR 2.0 geschult werden.

Pro Tag und pro Patienten müssen für die PPR 2.0 aufwändige Einstufungen erfolgen. Krankenhäuser, deren Pflegedokumentation noch nicht digital erfolgt, sind daher im Nachteil. Dort wird von rund zehn Minuten Dokumentationsarbeit pro Patienten ausgegangen – das sind bei einer Station mit 30 Betten etwa fünf Stunden täglich.

Ein weiterer Punkt, der bedacht werden muss, ist die Kopplung des Pflegebudgets an den Personalbedarf, der per PPR 2.0 ermittelt wird. Es ist damit zu rechnen, dass die Personalbemessung die Budgetverhandlungen beeinflussen wird. Wie genau, bleibt noch abzuwarten.

Auch ist davon auszugehen, dass die PPR 2.0 einmal eingeführt nicht statisch bestehen bleibt. Die Personalbemessungsinstrumente sollen in den kommenden Jahren ständig wissenschaftlich weiterentwickelt werden. Es wird also weitere inhaltliche Veränderungen und Schulungsbedarf geben.

Die vielleicht größte Herausforderung ist und bleibt jedoch, dass schon jetzt der Bedarf an Pflegekräften größer ist als ihre tatsächliche Verfügbarkeit. Schon die Pflegepersonaluntergrenzen werden in zahlreichen Fällen nicht eingehalten, weil es schlichtweg das Personal nicht gibt. Hier besteht weiterhin großer Handlungsbedarf der Politik, der Berufsverbände und der Kliniken, mehr Menschen für die Profession der Pflege zu begeistern und diejenigen, die in ihr arbeiten, zu halten.

Vorbereitung auf die Umsetzung der PPR 2.0

Eine Pflegekraft sitzt am Computer.

Kliniken sollten sich spätestens jetzt auf die Einführung der PPR 2.0 vorbereiten, da es einiges zu tun gibt. Folgende Schritte sollten kurzfristig erfolgen.

Schulung der Pflegekräfte
Zu den Inhalten der PPR 2.0 Erwachsene und der PPR 2.0 für Kinder in Kliniken mit Pädiatrie, Neonatologie und Kinder-Intensivstation müssen die Pflegekräfte umfassend geschult werden. Dabei kann der Schulungsaufwand unterschiedlich hoch sein, je nachdem, ob die alte PPR im Krankenhaus weiterhin angewendet wurde, ob die Dokumentierung bereits digital erfolgt und wie das Krankenhausinformationssystem aufgestellt ist.

Überprüfung der Dokumentation
Damit bei der Pflege eines Patienten zwischen den verschiedenen Akteuren keine Informationen verloren gehen, werden alle wichtigen Daten dokumentiert. Um den Aufwand einschätzen zu können, der auf die Klinik mit Einführung der PPR 2.0 zukommt, sollte das eigene Dokumentationssystem jetzt einer Prüfung unterzogen werden. Wie wird die Dokumentation durchgeführt? Was muss für künftige Dokumentationen angepasst werden? Welches digitale System von welchem Hersteller wird benutzt? Gibt es eine Pflegekurve? Die internen Meldewege sollten festgelegt werden. Wer übernimmt wann welche Aufgabe und welche Technik kommt dabei zum Einsatz?

Simulation des Personalbedarfs
Wenn bekannt ist, wie die Personalabdeckung nach PPR 2.0 ist, kann das Krankenhaus sich frühzeitig darauf einstellen, um gegebenenfalls neue Pflegefachkräfte einzustellen. Mittels computergestützter Simulation lässt sich berechnen, wie viel Personal über PPR2.0 notwendig wird und wie groß die Differenz zur aktuell tatsächlichen Stellenbesetzung ist.

Festlegung der Übermittlung an das IneK
Für die Übermittlung der Personalkennzahlen an das IneK werden einige Häuser neue Softwaresysteme anschaffen und implementieren müssen. Je nachdem, wie weit die digitale Ausstattung eines Hauses ist, entscheidet sich der Umfang und die Art der Anschaffungen. Auch ob dafür noch Fördergelder abgerufen werden können, sollte nach Veröffentlichung der gesetzlichen Verordnung geprüft werden.

Festlegung der Erfassung und Übermittlung der Daten nach der PpUGV
Da in der Nacht weiterhin die PpUGV gilt, muss auch nachts die Zahl der tatsächlich verfügbaren Pflegepersonen regelmäßig erfasst und gemeldet werden. Ebenso wie bei den Daten für die PPR 2.0 muss festgelegt werden, wann, wie und von wem diese erhoben und weitergeleitet werden.

Fazit

Ob die PPR 2.0 ein Erfolg wird und die gewünschten Effekte haben wird, hängt am Ende wesentlich davon ab, ob die benötigten Pflegekräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ein Krankenhaus, das sich schon jetzt sorgfältig auf die notwendigen Umsetzungsschritte vorbereitet, seine Mitarbeiter umfassend schult und auf diesem Weg begleitet, nutzt die verbleibende Zeit effektiv. Schulung zur besseren Dokumentation sind nie umsonst, auch wenn die PPR 2.0 noch einmal angepasst werden sollte. Inwieweit die Sanktionen beschlossen werden, bleibt abzuwarten.
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Andrea Albrecht, Pflegemanagement bei consus.health

Andrea Albrecht

Pflegemanagement

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Annett Lallecke

Pflegemanagement und Organisationsentwicklung

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