Blog | Fachbeitrag
08.2023

Ab 2024 drohen Sanktionen: Wie Kliniken die PPP-RL rechtssicher umsetzen

Blogbeitrag zu PPP-RL-Sanktionen | consus.health

Knapp 40 Prozent der psychiatrischen Krankenhäuser und sogar rund 50 Prozent der Kinder- und Jugendpsychiatrien setzten im zweiten Halbjahr 2021 weniger Personal ein als vorgeschrieben. Das geht aus einer Auswertung des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) aus dem Jahr 2022 hervor. Solche Versäumnisse können künftig teuer werden – denn ab Januar 2024 drohen Kliniken bei Nichterfüllen der Vorgaben saftige Geldstrafen.

Die Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal („PPP-Richtlinie“ oder „PPP-RL“) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist nicht neu. Bereits am 1. Januar 2020 trat die Erstfassung über qualitätssichernde Maßnahmen für die stationäre psychiatrische und psychosomatische Versorgung in Kraft.

Schon jetzt werden Kliniken zur Kasse gebeten, wenn sie keine Daten zur Personalausstattung der liefern. Künftig drohen dann auch Sanktionen, wenn die Vorgaben der PPP-Richtlinie unterschritten werden. Nachdem diese infolge der Pandemie zunächst ausgesetzt wurden, sieht der G-BA ab 2024 bei Verstößen gegen die PPP-RL prozentual ansteigende Geldbußen vor, die sich an den Personalstunden je Quartal und je Berufsgruppe orientiert. Das bedeutet: Die Sanktionen greifen sofort, wenn in nur einem Quartal die Vorgaben nicht erreicht werden – und zwar in einer einzigen Berufsgruppe, egal ob Psychologie, Medizin, Pflege, Therapie oder Sozialen Arbeit.

Die Sanktionen greifen selbst dann, wenn auf das ganze Jahr verteilt alle vorgesehenen Stunden geleistet wurden. Allerhöchste Zeit also, sich schon jetzt gut darauf vorzubereiten.

PPP-RL-Sanktionen: Wer ist betroffen?

Die Sanktionen drohen bundesweit allen stationären psychiatrischen, kinder- und jugendpsychiatrischen sowie psychosomatischen Einrichtungen, die auch nach dem 1. Januar 2024 die Mindestvorgaben zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL) unterschreiten.

Die IQTIG-Auswertung zeigt, dass beinahe jede zweite Klinik schon jetzt die Vorgaben der PPP-RL bricht. Zwar müssen die Personaluntergrenzen aufgrund einer stufenweisen Einführung bis 2026 zunächst nur zu 95 Prozent erreicht werden. Doch selbst dieser Wert bedeutet, dass nahezu alle Kliniken in Zukunft hart mit dem Thema der Personalmindestausstattung zu kämpfen haben werden – und das zusätzlich zum Fachkräftemangel und schlechten Rahmenbedingungen.

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Verstöße gegen die PPP-RL werden teuer

Während sich die Geldbußen bei Unterschreitung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) ungefähr auf dem Niveau der eingesparten Personalkosten bewegen, kann es bei Verstößen gegen die PPP-RL für Kliniken richtig teuer werden.

So orientiert sich die Berechnung der möglichen Strafzahlungen am Gesamtbudget des betroffenen Hauses. Maßgeblich ist darüber hinaus, wie weit die Mindestvorgaben unterschritten wurden, also wie viele Vollkraftstunden pro Berufsgruppe und Quartal im Verhältnis zu den Mindestvorgaben nicht geleistet wurden. Diese prozentuale Unterschreitung wird dem Wert 1,7 multipliziert, was den sogenannten Sanktionsfaktor. Dieser wird nun im nächsten Schritt mit dem Quartalsbudget der Klinik multipliziert, um die Gesamthöhe der Geldbuße zu ermitteln.

Grafik zu Strafzahlungen bei Verstößen gegen die  PPP-RL | consus.health

In der Praxis bedeutet das enorme Belastungen: Eine psychiatrische Klinik mit 200 Betten, rund 2.600 Patienten und einem Quartalsbudget von 5 Millionen Euro müsste bei Unterschreitung der Mindestvorgaben um 2,2 Prozent für das betreffende Quartal knapp 185.000 Euro Strafe bezahlen. Bei einer größeren Klinik mit 500 Betten, mit 100 teilstationären Plätzen, 6.500 Patienten und einem Quartalsbudget von rund 16 Millionen Euro beliefe sich die Strafe bei Unterschreitung der PPP-RL um 1,6 Prozent bei rund 430.000 Euro. Damit betrüge die Strafzahlung jeweils mehr als das Fünffache gegenüber der realen Einsparung von Personalkosten infolge der Unterbesetzung (Quelle der Berechnungen: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie dgkjp).

Wie Kliniken PPP-RL-Sanktionen vermeiden

Personallücken im Gesundheitswesen zu stopfen, ist schwierig. Das gilt für die Psychiatrie und Psychosomatik ebenso sehr wie für andere Fachbereiche. Besonders deutlich tritt der Fachkräftemangel in der Pflege, der Spezialtherapie und der Sozialen Arbeit zutage. Aus Erfahrungen mit unserem hauseigenen PPP-RL-Stresstests wissen wir jedoch: Nicht immer hat die Nichteinhaltung der Personaluntergrenzen (nur) etwas mit einer personellen Unterbesetzung zu tun. Und da fangen die Schwierigkeiten schon an: Viele Klinikgeschäftsführer wissen gar nicht so genau, ob sie die Personalausstattung gemäß PPP-RL in ihren Kliniken erfüllen oder nicht. Und wenn sie wissen, dass sie die Personaluntergrenzen unterschreiten, liegen die Ursachen dafür oft im Dunkeln. 

Um Defizite bei der Erfüllung der PPP-Richtlinie effektiv zu identifizieren und abzustellen – und so drohenden Sanktionszahlungen ab 2024 entgegenzuwirken empfehlen wir Kliniken ein Vorgehen in mehreren Schritten.

Schritt 1: Daten erheben

Piktogramm zu den PPP-RL | consus.health

Um den Ursachen für eine mögliche Verletzung der PPP-RL auf den Grund zu gehen, gilt es zunächst, eine ganze Reihe an Zahlen und Unterlagen zusammenzutragen und durchzuarbeiten. Dazu gehören Daten aus dem vergangenen Abrechnungsjahr, also aktuell dem Abrechnungsjahr 2022 wie den §21-Datensatz, die Auflistungen der Berechnungstage und alle an das IQTIG übermittelten Servicedokumente. Dazu kommen weitere Dokumente wie Dienstpläne sowie Profile der unterschiedlichen Berufsgruppen.

Schritt 2: Personaldaten auswerten

Piktogramm zu den PPP-RL | consus.health

Anhand der Ist-Personalkosten des therapeutischen Personals und der laut der PPP-RL-Vorgaben entsprechend erforderlichen Personalbesetzung sollten Sie im nächsten Schritt budgetär ermitteln und bewerten, welche Chancen oder Risiken sich im Rahmen der geltenden Richtlinien für das Budget Ihrer Psychiatrie ergeben. Konkrete Leitfragen dabei sind: Entsprechen die Einstufungen den Empfehlungen zur Eingruppierung des G-BA? Werden diese durch die Dokumentation entsprechend belegt? Sind alle Servicedokumente korrekt ausgefüllt und nachweisbar? Wurden alle bei der Anrechnung der Umsetzungsgrade Berufsgruppen berücksichtigt?

Schritt 3: Dokumentation überprüfen

Piktogramm zu den PPP-RL | consus.health

Da die Ursachen für Defizite oft auch in der richtigen Einstufung, Datenerfassung und Übermittlung begründet liegen, sollte auch die Dokumentation an sich stichprobenartig überprüft werden. Wählen Sie mindestens zwanzig, besser mehr Fallnummern zufällig aus und analysieren Sie diese im Hinblick auf die vorgenommenen PPP-RL-Einstufungen. Sind die Behandlungsbereiche korrekt gewählt und belegbar? Häufige Fallstricke sind hier der Wechsel zwischen Regel- und Intensivbehandlung sowie die tagesklinische Behandlung.

Schritt 4: Empfehlungen ableiten

Piktogramm zu den PPP-RL | consus.health

Aus Ihren Analysen gilt es nun, konkreten Handlungsbedarf abzuleiten, wie die gefundenen Defizite behoben werden können. Das sind typischerweise Schulungen des beteiligten Personals in bestimmten Bereichen. Aber auch größere Maßnahmen können erforderlich werden, etwa eine komplette Restrukturierung der Prozesse – insbesondere der Erfassungsabläufe – oder die gezielte Umverteilung des Personals zwischen einzelnen Bereichen.

Schritt 5: Maßnahmen umsetzen

Piktogramm zu den PPP-RL | consus.health

Zu guter Letzt müssen die identifizierten Handlungsempfehlungen auch tatsächlich umgesetzt werden. Das hört sich einfach an, stellt aber oft eine erhebliche Hürde dar, an der die Behebung von Defiziten noch scheitern kann. Dabei führen besserer Ressourceneinsatz, effizientere Prozesse und das Abwenden von Stolpersteinen nicht nur zu mehr Sicherheit bei der Erlössicherung, sondern auch zu mehr Zufriedenheit im Team – und damit zu einem Standortvorteil im Fachkräftemangel.

Fazit: Die Erfüllung der PPP-Richtlinie nicht auf die lange Bank schieben

Sie sehen: Um Ihren Bereich PEPP so zu rüsten, dass er vor Sanktionen gefeit ist, liegt eine Menge Arbeit vor Ihnen. Darauf zu setzen, dass die Strafzahlungen in letzter Sekunde abermals verschoben werden, ist ein gefährliches Spiel. Früher oder später werden sie kommen. Wer jetzt anfängt, sich darauf vorzubereiten, fährt besser.

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Mehr Informationen

 

Sven Lohmann

Sven Lohmann

Team-Leitung PEPP-Controlling

 

Wenn Sie weitere Fragen zu den Empfehlungen dieses Artikels, zu den einzelnen Arbeitsschritten oder zur Umsetzung der PPP-RL bei Ihnen vor Ort haben, schreiben Sie mir gerne eine Nachricht. 






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