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06.2023

So machen Sie den Krankenhaus­einkauf fit für die Zukunft

Symbolbild für den Wahlleistungskomfort dein der Wahlleistung Unterkunft: Türschild mit Aufdruck: "Komfortelemente Wahlleistung jetzt überprüfen!"

Kostendruck, Lieferketten, Sorgfaltspflichten: Die Herausforderungen im Krankenhauseinkauf werden nicht kleiner. Um unangenehme Überraschungen in Zukunft zu vermeiden, sollten Sie noch heute mit der Planung und Neustrukturierung Ihres Klinikeinkaufs beginnen. Welches sind die größten fünf Herausforderungen? Welche Lösungsansätze gibt es?

 

Im Krankenhauseinkauf ist es wie in vielen Bereichen des Lebens: Wenn alles gut funktioniert, fällt er nicht weiter auf. Doch sobald Defizite im Alltag spürbar werden, ist die Aufregung groß und die Suche nach Schuldigen beginnt. Ein guter Krankenhauseinkauf ist somit einer, der sich langfristig auf mögliche Probleme einstellt, damit diese gar nicht erst entstehen.

In Zeiten andauernder Krisen ist dies allerdings leichter gesagt als getan. Im Krankenhauseinkauf der Zukunft wird es mehr darauf ankommen, Risiken zu minimieren, statt nur das billigste Produkt zu finden. Hinzu kommen neue gesetzliche Anforderungen an die Lieferanten und deren Abnehmer. Für all diese Herausforderungen braucht es qualifiziertes Personal.

Herausforderung 1: Lieferengpässe und Kostendruck

Schon lange lassen sich im Krankenhaus kaum noch Kosten über die Produktpreise einsparen. Durch die zahlreichen Krisen am globalen Markt steigen die Preise. Galt früher die Devise „Hauptsache billig“, ist heute die Liefersicherheit ein entscheidendes Kriterium.

Seit Corona sind die Lieferketten weltweit immer wieder unterbrochen und dringend notwendige Medizinprodukte können nicht geliefert werden. Wenn das Angebot schrumpft, steigt automatisch der Preis – wie unter anderem das Beispiel Desinfektionsmittel gezeigt hat.

Lösungsansatz: Portfoliostrategie anpassen, Stammdaten pflegen

Die Zeiten, in denen es genügte, seine drei A-Lieferanten zu kennen, sind vorbei. Heute müssen Risiken bei der Beschaffung umfassend von vornherein mit einkalkuliert werden. Um auf diese vorbereitet zu sein, ist es notwendig, den Krankenhauseinkauf zu diversifizieren und auf mehrere Anbieter zu setzen. Manchmal kann dies auch bedeuten, ein teureres Produkt zu kaufen, wenn dafür aber die Lieferung garantiert ist.

Produkte sollten in Risikogruppen eingeteilt werden. Je höher das Risiko von Lieferausfällen in einer Gruppe ist, desto engmaschiger muss die Bestellung und Lieferung gemonitort werden. Dies kann bei Hochrisikoprodukten bis hin zu ein- oder mehrmals die Woche sein. Wer so auf Lieferengpässe oder -ausfälle frühzeitig reagieren kann, muss keine überteuerten Preise im Ernstfall zahlen.

Ohne gute Stammdaten können keine verlässlichen Verbrauchs- und Kostenanalysen erstellt werden. Nur wer seine Ausgaben kennt, weiß, an welcher Stelle sie zu hoch sind und nachgebessert werden müssen. Darüber hinaus gilt: Je genauer im Einkauf die Produkte klassifiziert werden, desto besser kann auf Lieferengpässe reagiert werden. So kann im Falle eines Engpasses oder Lieferausfalls eines Anbieters in der entsprechenden Produktgruppe schnell eine Alternative gesucht werden.

Herausforderung 2: Fachkräftemangel im Krankenhauseinkauf

Immer größere Herausforderungen bei immer weniger Personal – vor diesem Problem steht auch der Krankenhauseinkauf der Zukunft. Denn der demografische Wandel wird den Fachkräftemangel in allen Branchen weiter verschärfen. Selbst der attraktivste Arbeitgeber wird früher oder später mit einem Mangel an Fachkräften konfrontiert sein.

Skills, die Einkäufer im Krankenhaus mitbringen oder im Laufe ihrer Tätigkeit erwerben sollten, sind kommunikatives Geschick, unternehmerisch-strategisches Denken, Organisationstalent, Risiko- und Verantwortungsbewusstsein. Auch Fachkräfte, die bereits im Einkauf arbeiten, müssen sich stets weiterbilden, um mit den Entwicklungen Schritt zu halten.

Symbolbild: Der Krankenhauseinkauf der Zukunft erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit

Einkäufer im Krankenhaus sollten im engen Austausch mit Kollegen anderer Abteilungen stehen.

Lösungsansatz: Auf interdisziplinäre Zusammenarbeit und Digitalisierung setzen

Absolventen von Berufs- und Hochschulen davon zu überzeugen, dass der Krankenhauseinkauf ein spannendes und vor allem sinnstiftendes Betätigungsfeld ist, bleibt eine wichtige Aufgabe für die Personalabteilung jeder Klinik. Darüber hinaus gehört die stetige Weiterbildung des Personals zu den Notwendigkeiten im Klinikeinkauf.
 
Der Krankenhauseinkäufer der Zukunft hat einen interessanten, wichtigen und vor allem kommunikativen Job. Er ist kein Einzelkämpfer, der im stillen Kämmerlein sitzt und Bestellformulare ausfüllt. Er entwickelt sich mehr und mehr zu einem innerhalb und außerhalb der Klinik bestens vernetzten Beschaffungsmanager. Ein reger Austausch insbesondere mit der IT-Abteilung und dem Controlling ist notwendig, um Risiken frühzeitig abzufedern, Prozesse zu verschlanken und zu verbessern, Kosten im Blick zu haben und möglichst zu agieren, statt zu reagieren.
 
Die weitere Digitalisierung von Prozessen im Einkaufsbereich bietet einerseits Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und zur Entlastung der künftig geringeren Zahl an Mitarbeitenden. Sie eröffnet außerdem das Feld auch für Absolventen aus (informations-)technischen Studiengängen.

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Herausforderung 3: Zunehmende Digitalisierung im Krankenhauseinkauf der Zukunft

Die zunehmende Digitalisierung von Prozessen im Einkaufsbereich bringt aber weitere Herausforderungen mit sich. Auch an dieser Stelle bedarf es qualifizierter Fachkräfte. Die Umstellung auf automatisierte Prozesse weckt teilweise Ängste bei Beschäftigten, zum Beispiel davor, den Anforderungen im Umgang mit der Technik nicht gewachsen zu sein. Digitalisierung im Krankenhauseinkauf erfordert somit immer einen Change-Prozess, der entsprechend gemanagt und begleitet werden muss.

Symbolbild Digitalisierung

Die Digitalisierung birgt zahlreiche Möglichkeiten für die Einkaufsabteilung im Krankenhaus.

Lösungsansatz: Digitalisierung im Krankenhaus nutzen

Die Möglichkeiten, Prozesse im Einkauf zu automatisieren sind groß: Bestell- und Wiederauffüllmanagement durch Smart Cabinets, Einsatz von KI-Software für Bedarfsplanung kritischer A-Produkte, Blockchain, Modulversorgung, Datenpflege und Datenanalyse und vieles mehr. Um die vielen Vorteile, die die Digitalisierung bietet, auch nutzen zu können, müssen Krankenhäuser in moderne IT-Infrastruktur investieren und sicherstellen, dass ihre Systeme reibungslos mit den Systemen ihrer Lieferanten kommunizieren können. Hierbei helfen die Mittel aus dem Krankenhauszukunftsfonds, den der Bund laut Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) zur Verfügung stellt.

Darüber hinaus müssen Mitarbeiter umfassend informiert und geschult werden. Die Schnittstelle zwischen Einkaufs- und IT-Abteilung gewinnt enorm an Bedeutung. Die Kommunikation sollte sehr intensiv geführt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Digitalisierung ihre Aufgaben auch erfüllen kann und alle Beteiligten sie zu ihrem Vorteil und damit zum Vorteil des Krankenhauses nutzen können.

Herausforderung 4: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betrifft seit Beginn 2023 Firmen, die mehr als 3.000 Mitarbeiter haben. Doch schon ab 2024 fallen auch Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern darunter. Spätestens dann wird es für die meisten Kliniken akut.

Aufgabe für Kliniken ist es also jetzt, ein wirksames Risikomanagementsystem einzurichten, mit dem sie ihren Verpflichtungen im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gerecht werden. Dies geht damit einher, ein Softwaresystem einzuführen, mit dem diese vielfältigen Risikoanalysen- und Berichtspflichten automatisiert umgesetzt werden können.

Da auch die EU ein Lieferkettengesetz plant, welches noch über das deutsche hinaus gehen wird, indem es auch kleinere Firmen mit einbeziehen wird, müssen sich im Grunde alle Krankenhäuser spätestens heute mit diesem Thema befassen.

Lösungsansatz: Verantwortlichkeiten zum Lieferkettengesetz festlegen

Auch wenn Ihr Krankenhaus die Zahl von 3000 Mitarbeitern nicht erreicht, ist es also höchste Zeit, sich mit dem Lieferkettengesetz auseinanderzusetzen. Die Umsetzung des Gesetzes erfordert mehr, als nur eine passende Software zu kaufen und anzuwenden. Es sollte zunächst geklärt werden, wer die Verantwortung im Krankenhaus für die lückenlose Umsetzung der Pflichten trägt. Dies kann neben der Einkaufsabteilung auch die Abteilung Qualitätsmanagement, das Projektmanagement oder ein neu eingestellter Menschenrechtsbeauftragter sein. Krankenhäusern sollten sich bei der Umsetzung mit ihren Einkaufsgemeinschaften über ihre Erfahrungen austauschen, voneinander lernen und Synergien schaffen.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), kurz Lieferkettengesetz. Das Gesetz soll den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in globalen Lieferketten verbessern. Das LkSG gilt seit 2023 zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 jedoch auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten im Inland – ungeachtet ihrer Rechtsform.

Unternehmen werden per Gesetz dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass in ihren Lieferketten die Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden. Dazu müssen sie unter anderem individuelle Risikoanalysen erstellen und umfangreiche Dokumentationspflichten einhalten. Wer gegen das Gesetz verstößt, dem drohen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des Jahresumsatzes und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für eine Dauer von bis zu drei Jahren.

Auch die EU plant ein Lieferkettengesetz, das im Umfang noch über das deutsche Gesetz hinausgehen dürfte und künftig noch kleinere Unternehmen oder gar alle Unternehmen einbeziehen wird.

Herausforderung 5: Nachhaltigkeit im Krankenhauseinkauf der Zukunft

Die Gesundheitsbranche ist noch vor Flugverkehr und Schifffahrt eine der größten Emittenten von Treibhausgasen weltweit. Dabei machen Medizinprodukte und die damit verbundenen Lieferketten mit 71 Prozent den größten Anteil aus. Hier wird deutlich, wie groß die Verantwortung des Klinikeinkaufs für die Nachhaltigkeit ist.

Beschaffungsmanager sollten ihren Fokus verstärkt auf ressourcenschonenden Einkauf, auf CO2-arme Logistik und klimafreundlichen Produktverbrauch richten und alle Anstrengungen unternehmen, um klimaschädliche Emissionen zu senken.

Lösungsansatz: Nachhaltigkeit ab sofort mitdenken

In vielen Einrichtungen ist das Thema Nachhaltigkeit zwar im Bewusstsein angekommen, jedoch hakt es meist noch an der Umsetzung. Wer jetzt mit kleinen Schritten anfängt, schafft es, sich Stück für Stück und jeden Tag dem Ziel eines nachhaltigen Krankenhauseinkaufs zu nähern.

Das Netzwerk „Zukunft Krankenhaus-Einkauf“ (ZUKE) hat sich der Dekarbonisierung des Krankenhaussektors verschrieben und setzt vor allem darauf, dass sich Einkäufer im Krankenhaus miteinander vernetzen, ihre Erfahrungen austauschen und Best Practices miteinander teilen.

Zudem können Krankenhäuser und Kliniken ihre Lieferanten direkt ansprechen und sie dazu auffordern, ihre Nachhaltigkeitsleistungen zu verbessern. Umweltschutz und CO2-Neutralität sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der jeder seinen Beitrag leisten kann.

​Fazit

Viele Herausforderungen beschäftigen die Einkaufsabteilungen in Krankenhäusern bereits seit Jahren, manch andere sind noch Neuland. Nicht für alle Probleme gibt es heute auch schon erprobte Lösungsstrategien. Daher empfiehlt es sich im Klinikeinkauf, die aktuellen Entwicklungen und Zusammenhänge kontinuierlich im Blick zu behalten und sich mit Anderen auszutauschen. Kommunikation, Information, Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit sind die Schlüsselkompetenzen, die im Einkauf der Zukunft gebraucht werden.

Wenn Sie weitere Fragen oder Anmerkungen zum Klinikeinkauf der Zukunft oder anderen Themen haben, sprechen Sie mich gerne an.

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Susann Buchhart

Susann Buchhart

Leitung Klinikeinkauf

 

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