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04.2025

Qualitätsmanagement in der Pflege – Praxisnahe Strategien für nachhaltige Erfolge

Eine Pflegerin in einem Krankenhaus hilft einem Patienten beim Aufstehen.

Gute Pflege ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis professioneller Standards, durchdachter Abläufe und eines funktionierenden Qualitätsmanagements. Doch was genau bedeutet das? Welche Voraussetzungen braucht es, um Pflegequalität dauerhaft zu sichern – und wie lässt sich das praktisch umsetzen?

Eine hochwertige Pflege ist ein grundlegendes Erfolgsinstrument, um Patienten bei ihrer Genesung zu helfen und zu unterstützen. Ohne eine gute Pflege wird im Krankenhaus niemand gesund. Doch was genau bedeutet gute Pflege eigentlich? Die Antwort darauf wird nicht dem subjektiven Empfinden einzelner Patienten oder Fachkräfte überlassen, sondern ist wissenschaftlich erforscht und in gesetzlichen Regeln festgeschrieben. Qualität in der Pflege lässt sich anhand von Kennzahlen messen und kann somit auch verglichen und stetig verbessert werden. Um den hohen Qualitätsstandards in der Pflege jederzeit gerecht zu werden brauchen Kliniken ein professionelles Qualitätsmanagement. Dessen Ziel besteht darin, das bestmögliche Ergebnis für die Patienten im Krankenhaus zu erzielen.

Was ist Qualitätsmanagement in der Pflege?

Qualitätsmanagement in der Pflege (QM Pflege) umfasst alle organisatorischen Maßnahmen zur Sicherstellung, Überwachung und kontinuierlichen Verbesserung der Pflegequalität. Im Pflegealltag wird dies dadurch gewährleistet, dass Standards implementiert werden, die sich in der Praxis gut umsetzen lassen und deren Erfolg sich messen lässt. Das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) erstellt und aktualisiert regelmäßig evidenzbasierte Expertenstandards für alle Einsatzfelder der Pflege. Dazu gehören etwa Standards zur Dekubitusprophylaxe, zur Sturzprophylaxe oder zum Schmerzmanagement.

Gesetzlich verpflichtend ist das Qualitätsmanagement in der Pflege unter anderem durch das Sozialgesetzbuch (SGB) V und SGB XI geregelt. § 135a SGB V verpflichtet zugelassene Leistungserbringer – darunter auch Krankenhäuser – zur Einführung und Weiterentwicklung eines internen Qualitätsmanagements. Ziel ist es, die Leistungserbringung kontinuierlich zu überprüfen, zu verbessern und die Patientensicherheit zu erhöhen. Ergänzend regelt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seinen Richtlinien zur Qualitätssicherung nach § 137 SGB V, welche Mindeststandards bei bestimmten Leistungen gelten. Diese Vorgaben betreffen sowohl medizinische als auch pflegerische Abläufe, z. B. im Bereich Hygiene, Dekubitusprophylaxe oder der Umgang mit Kathetern.

Zur freiwilligen Orientierung nutzen viele Krankenhäuser zusätzlich externe Zertifizierungsstandards wie:

  • DIN EN ISO 9001, die ein international anerkanntes Qualitätsmanagementsystem beschreibt,
  • KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen), ein branchenspezifisches Verfahren, das speziell auf die Anforderungen im Gesundheitswesen ausgerichtet ist,
  • oder DIN EN 15224, die sich auf Qualitätsmanagement für Einrichtungen des Gesundheitswesens konzentriert und patientenbezogene Risiken in den Mittelpunkt stellt.

Qualitätsmanagement braucht Führung und Ressourcen

Damit Qualitätsmanagement nicht nur auf dem Papier existiert, sondern im Pflegealltag Wirkung entfaltet, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein – sowohl strukturell als auch kulturell.

1. Zeit und personelle Ressourcen
Qualitätsmanagement kann nicht nebenbei erfolgen. Es braucht Raum zum Reflektieren, Austauschen, Dokumentieren und Lernen. Wenn Pflegekräfte unter permanentem Zeitdruck stehen, geraten QM-Aufgaben schnell ins Hintertreffen – oder werden als lästige Zusatzaufgaben wahrgenommen. Ein nachhaltiges QM-System muss deshalb realistisch in die tägliche Arbeitsorganisation eingebettet werden.

2. Unterstützung durch Führungskräfte
Qualitätsmanagement gelingt nur mit Rückhalt aus der Leitungsebene. Bereichsleitungen und Pflegedienstleitungen sind zentrale Multiplikatoren. Sie müssen das QM nicht nur formell unterstützen, sondern auch als Haltung vorleben – durch Feedbackkultur, Förderung von Fortbildungen und das Einfordern von Standards.

3. Klare, verständliche Standards
Einheitliche, evidenzbasierte Standards schaffen Klarheit im Pflegealltag. Sie definieren, wie bestimmte pflegerische Maßnahmen durchgeführt werden sollen – etwa beim Mobilisieren, Lagern oder der Wundversorgung. Doch solche Standards dürfen nicht zu theoretisch oder kompliziert sein. Sie müssen konkret, praxistauglich und im Team erarbeitet oder zumindest vermittelt worden sein. Nur dann werden sie im Alltag akzeptiert und umgesetzt.

4. Optimierte Prozesse
Pflegequalität hängt direkt von durchdachten Prozessen ab. Ein gutes QMS hilft, Doppelarbeiten zu vermeiden, Schnittstellen zu klären und Abläufe zu vereinheitlichen. Besonders effektiv ist hier das Arbeiten mit Pflegeprozessmodellen und standardisierten Assessmentinstrumenten. Sie helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und pflegerische Maßnahmen gezielt zu planen. Weit verbreitet sind zum Beispiel die Braden-Skala zur Einschätzung des Dekubitusrisikos und das Stratify-Tool zur Bewertung des Sturzrisikos – beide werden in vielen Kliniken routinemäßig bei der Aufnahme erhoben. Auch der Barthel-Index ist als Instrument zur Beurteilung der Selbstständigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens etabliert.

5. Strukturierte Pflegedokumentation
Eine nachvollziehbare, strukturierte Dokumentation ist das Rückgrat jedes Pflege-QM. Sie dient nicht nur der rechtlichen Absicherung, sondern vor allem der Kommunikation im Team – und ist Voraussetzung für die Bewertung von Pflegequalität.

6. Digitale und organisatorische Unterstützung
Strukturiertes Qualitätsmanagement kann durch digitale Tools enorm erleichtert werden – etwa durch digitale Pflegedokumentation, automatisierte Auswertungen oder QM-Dashboards. Auch die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten, etwa durch Qualitätsbeauftragte in der Pflege, schafft Transparenz und Effizienz.

7. Schulungen und kontinuierliche Qualifizierung
Pflegekräfte brauchen Schulungen, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern zum Mitdenken und Mitgestalten motivieren. Kurzformate im Stationsalltag, Fallbesprechungen und interaktive Lerneinheiten sind hierbei besonders wirksam.

8. Beteiligung und Wertschätzung der Pflegekräfte
Ein zentrales Erfolgskriterium ist, wie stark Pflegekräfte in QM-Prozesse eingebunden werden. Wer mitgestalten darf, identifiziert sich eher mit den Zielen und Maßnahmen. Rückmeldungen aus der Praxis sollten regelmäßig eingeholt und in Entscheidungen einbezogen werden. QM in der Pflege bedeutet außerdem nicht nur, bestehende Qualität zu sichern, sondern auch, sie weiterzuentwickeln. Dazu braucht es ein funktionierendes Fehlermanagement, regelmäßige Teamreflexionen und eine offene Fehlerkultur.

Pflegequalität messbar machen

Gute Pflege ist sichtbar – aber nicht immer auf den ersten Blick. Um Pflegequalität systematisch zu steuern und weiterzuentwickeln, braucht es messbare Anhaltspunkte. Kennzahlen und Qualitätsindikatoren ermöglichen es, Pflegeleistungen objektiv zu erfassen, Schwachstellen aufzudecken und Verbesserungen gezielt einzuleiten. Sie bilden eine wichtige Grundlage für ein wirksames Qualitätsmanagementsystem – vorausgesetzt, sie werden korrekt erhoben, sorgfältig interpretiert und in den richtigen Kontext gesetzt.

Relevante Kennzahlen und Indikatoren
Qualitätsindikatoren machen Pflege messbar. Dazu zählen beispielsweise:
• Anzahl von Stürzen
• Auftreten von Dekubitalulzera
• Infektionsraten
• Pflegezeit pro Patientin/Pflegebedürftigem

Diese Daten helfen, Risiken zu erkennen und gezielte Maßnahmen einzuleiten.

Patientenzufriedenheit erheben
Neben objektiven Indikatoren ist die subjektive Wahrnehmung der Patienten ein wichtiger Qualitätsfaktor. Befragungen – schriftlich, digital oder im persönlichen Gespräch – liefern Hinweise darauf, wie Pflege wahrgenommen wird: als menschlich, professionell und zugewandt, oder eben nicht.

Beschwerdemanagement als Chance
Ein effektives Beschwerdemanagement ist kein Störfaktor, sondern ein wertvoller Bestandteil des QMS. Entscheidend ist, wie mit Beschwerden umgegangen wird: Werden sie ernst genommen, systematisch analysiert und zur Verbesserung genutzt?

Daten für Verbesserungen nutzen
Daten allein bringen nichts. Wichtig ist, dass sie interpretiert, diskutiert und in konkrete Maßnahmen übersetzt werden. Hier zeigt sich, wie gut ein QMS im Alltag verankert ist.

Eine Pflegerin und ein Patient stehen in einem Krankenhausflur

Mit Qualitätsmanagement in der Pflege die Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus steigern

Ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem ist nicht nur eine Frage der Versorgungssicherheit – es ist auch ein betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Wenn Prozesse klar strukturiert sind, lassen sich Zeitverluste, Fehlkommunikation und Doppelarbeiten reduzieren. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern verbessert auch die Zusammenarbeit im Team.

Darüber hinaus hilft Qualitätsmanagement dabei, Pflegefehler zu vermeiden, die durch mangelhafte Hygiene oder fehlende Risikoeinschätzungen entstehen können. Solche Fehler führen häufig zu längeren Liegezeiten, Rehospitalisierungen oder juristischen Konsequenzen – sie verursachen also auch direkte und indirekte Kosten. Insofern ist Qualitätsmanagement immer auch Risikomanagement.

Auch wenn der Aufbau und die Pflege eines QM-Systems mit Aufwand verbunden sind, lohnt sich die Investition langfristig: Studien zeigen, dass Einrichtungen mit gut implementierten QM-Strukturen nicht nur bessere Patientenergebnisse erzielen, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher arbeiten.

Ausblick

Qualitätsmanagement in der Pflege steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Der Fachkräftemangel, zunehmende Arbeitsverdichtung und stetig wachsende Anforderungen an Hygiene, Dokumentation und Patientensicherheit stellen hohe Ansprüche an die Organisation pflegerischer Qualität. Gleichzeitig eröffnen neue technologische Möglichkeiten auch neue Wege: Digitale Tools, automatisierte Auswertungen und KI-gestützte Systeme werden das Qualitätsmanagement in der Pflege in den kommenden Jahren grundlegend verändern.

Dabei bleibt der Mensch aber das zentrale Element – Technik kann unterstützen, aber nicht ersetzen. Pflege findet zudem immer stärker in vernetzten Versorgungsstrukturen statt. Qualitätsmanagement muss deshalb sektorenübergreifend gedacht werden, insbesondere zwischen stationärer und ambulanter Pflege, Reha, Klinik und anderen Akteuren im Gesundheitssystem.

Nicht zuletzt bringt der demografische Wandel neue Herausforderungen mit sich: Die Zahl pflegebedürftiger Menschen steigt, gleichzeitig fehlen Fachkräfte. Um unter diesen Bedingungen eine hohe Pflegequalität sicherzustellen, braucht es ein stabiles, praxistaugliches Qualitätsmanagementsystem – mit klaren Prozessen, gezielter Qualifizierung und einer gelebten Kultur der Zusammenarbeit.

 

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Annett Lallecke

Pflegemanagement und Organisationsentwicklung

Annett Lallecke ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin, Gesundheits- und Pflegewissenschaftlerin und Business Coach. Sie verfügt über weitreichende Kompetenzen in den Bereichen Personalentwicklung und Organisation.

Anna-Katharina Klötzer

Personal- & Pflegecontrolling

Anna-Katharina Klötzer ergänzt das Team Finanzcontrolling bei consus mit dem Themenschwerpunkt Personal- und Pflegecontrolling. Hier ist sie maßgeblich verantwortlich für die Entwicklung und Einführung des Pflege:dashboard, das mit dem DVKC-Förderpreis 2024 ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus betreut sie verschiedene Projekte zur Reorganisation und Weiterentwicklung im Personalcontrolling / Berichtswesen. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Gesundheitsmanagement und Personal und arbeitete im Controlling eines Grund- und Regelversorgers.







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