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03.2023

Vorher-nachher-Vergleich: Wie Sie Fehler bei der Bauplanung im Krankenhaus vermeiden

Fachbeitrag: Wie Sie Fehler bei der Bauplanung im Krankenhaus vermeiden

Bei der Bauplanung für ein Krankenhaus kann viel schiefgehen. Zusätzliche Sicherheit verschafft daher eine fundierte Zweitmeinung, die die bestehende Bauplanung vor dem ersten Spatenstich kritisch überprüft – unvoreingenommen und ohne Betriebsblindheit. Dadurch lassen sich oftmals Baukosten senken und gleichzeitig Hindernisse für künftige Abläufe ausräumen. Wir zeigen am Vorher-nachher-Beispiel eines 48-Millionen-Klinikbauvorhabens Fehler auf, die durch eine solche profunde Zweitmeinung ausgeräumt werden konnten.

Was gehört zur Bauplanung im Krankenhaus?

44 Prozent. Um diese Höhe werden die Baukosten bei Gebäuden im Schnitt überschritten. Das geht aus einer Studie der Hertie School of Governance hervor, für die 170 öffentliche Infrastruktur-Großprojekte in Deutschland ausgewertet wurden. Den Autoren der Studie zufolge liegen die Ursachen für solche Kostenexplosionen wie auch für Bauverzögerungen oft in der Unerfahrenheit der Projektmanagements begründet, wodurch Projektrisiken unterschätzt werden.

Erst planen – dann bauen. Dieser wichtige Grundsatz wird beim Bauen leider häufig missachtet. Dabei bedarf es gerade bei der Krankenhausplanung besonderer Sorgfalt, um die komplexen baulichen Anforderungen an Klinikneubauten zu erfüllen. Zu den notwendigen Grundlagen bei der Krankenhausplanung gehört zum Beispiel:

 

  • eine valide Medizinstrategie, die unter Berücksichtigung demografischer Faktoren, der Wettbewerbssituation und den sich verändernden Versorgungsstrukturen die Entwicklung aller relevanten Fachabteilungen in den nächsten fünf bis zehn Jahren prognostiziert.
  • ein Funktions- und Raumprogramm nach DIN13080, das auf Basis der Grundlagen- und Bedarfsermittlung Kernelemente wie die Anzahl benötigter Betten und OP-Säle festlegt.
  • bei komplexen Bauvorhaben ein Betriebsorganisationskonzept, das durch Beschreibung aller Prozesse auch die funktionalen Anforderungen definiert.
  • eine kompetente Projektsteuerung, die neben der Organisation und Koordination des Projektes auch die Einhaltung von Kosten und Terminen überwacht.
  • in diesem Zuge ein angemessenes Risikomanagement, das Projektrisiken im Hinblick auf potenzielle Kosten-, Termin- und Qualitätsauswirkungen systematisch ermittelt, bewertet und dokumentiert.

Zweitmeinung Krankenhausplanung: Prozessoptimierung und Kostenreduktion​

Doch auch wenn alle diese grundsätzlichen Faktoren erfüllt sind, kann es im weiteren Verlauf der Bauplanung für ein Krankenhaus zu Fehlern kommen, etwa durch die Unerfahrenheit der Architekten, durch fehlendes Verständnis für die Prozesse im Krankenhaus oder auch durch eine gewisse Betriebsblindheit nach vielen Monaten der Projektplanung. Solche Fehler nach Baubeginn zu beheben, ist zeitaufwändig und teuer. Geradezu lebensversichernd kann daher eine Zweitmeinung zur vorliegenden Entwurfsplanung in Form einer unabhängigen Projektbewertung durch einen erfahrenen Gutachter noch vor dem ersten Spatenstich sein.

Durch eine solche kritische Überprüfung der vorliegenden Krankenhausplanung können nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch Defizite in der Planung rechtzeitig vor Baubeginn ausgeräumt werden. Besteht bereits eine Baugenehmigung, können Änderungen der vorliegenden Planung in der Regel ohne neues Bauantragsverfahren im Rahmen einer Tektur genehmigt werden.

»Durch eine kritische Überprüfung der Krankenhausplanung können Kosten gesenkt und Defizite rechtzeitig ausgeräumt werden​.«

In dem hier vorliegenden Fallbeispiel sollte die Planung für einen Klinikneubau eines viergeschossigen Baukörpers überprüft werden. In unserer Projektbewertung stellten wir fest, dass die Kostenberechnung des Architekturbüros in Höhe von rund 49 Millionen Euro nicht ausreichte. Zudem identifizierten wir verschiedene konzeptionelle und planerische Defizite, die die künftige Nutzung einschränken (z. B. zu kleine Patientenzimmer) oder Abläufe behindern würden (z. B. eine ungünstige Anordnung der OP-Umbettungen). Durch Umplanungen und Behebung dieser Mängel konnten nicht nur teure nachträgliche Änderungen vermieden, sondern die geplanten Baukosten sogar um mehr als 2 Millionen Euro reduziert werden.

In der folgenden Auflistung zeigen wir anhand des Fallbeispiels fünf Planungsmängel auf, die so oder so ähnlich auch bei anderen Krankenhausbauvorhaben aufgetreten sind. Dabei erläutern wir vergleichend jeweils die uns vorgelegte Bauplanung mit den von uns vorgeschlagenen Verbesserungen.

Krankenhaus-Bauplanung – Fehler 1:

Umständliche Wegeführung durch ungünstige Lage der Aufzugsgruppe

Umständliche Wegeführung durch ungünstige Lage der Aufzugsgruppe

Links: Im ursprünglichen Konzept war die Aufzugsgruppe so ungünstig platziert, dass alle Patiententransporte in den Funktionsbereich (z. B. in die Radiologie) durch die Eingangshalle hindurch und an der Cafeteria vorbeiführten.

Rechts: Durch die Verlagerung der Aufzugsgruppe auf die andere Seite der Eingangshalle muss diese für Patiententransporte nun nicht mehr gekreuzt werden.

Krankenhaus-Bauplanung – Fehler 2:

Hohe Kosten durch ungünstige OP-Planung

Hohe Kosten durch ungünstige OP-Planung

Links: Der OP hatte in der ersten Planung eine Gesamtgröße von knapp 1.500 Quadratmetern Bruttogrundfläche (BGF). Davon entfiel mehr als ein Drittel auf die Verkehrsfläche. Dadurch wären hohe Bau-, Reinigungs- und Energiekosten entstanden.

Rechts: Durch die Anordnung einer Einleitungszone unmittelbar vor den OP-Sälen konnte die Verkehrsfläche um rund 140 Quadratmeter und der OP insgesamt um knapp 100 Quadratmeter verkleinert werden. Dadurch konnten die Baukosten um knapp 600.000 Euro gesenkt werden (ca. 6.000 Euro pro Quadratmeter BGF), die jährliche Reinigung um ca. 17.500 Euro (ca. 175 Euro pro Quadratmeter BGF pro Jahr). Hinzu kommen Energieeinsparungen für Beheizung und Klimatisierung.

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Krankenhaus-Bauplanung – Fehler 3:

Umständliche Wegeführung im OP

a) Der Weg des stationären Patienten in den OP

Umständliche Wegeführung im OP – Der Weg des stationären Patienten in den OP

Links: Durch die Lage der Umbettung und Anordnung der Einleitungen ist der Transportweg im OP relativ lang. Zudem sind mehrfache Richtungswechsel notwendig.

Rechts: Die zentrale Anordnung der Umbettung mit der direkt vorgelagerten Einleitungszone (siehe Punkt 2) ermöglicht kürzere Wege mit wenigen Richtungswechseln.

b) Der Weg des Same-day-Surgery-Patienten in den OP

Umständliche Wegeführung im OP – Der Weg des Same-day-Surgery-Patienten in den OP

Links: Patienten, die noch am Tag der Aufnahme operiert werden (Same-Day-Surgery / SDS) müssen nach ihrer OP-Vorbereitung den öffentlichen Flur durchqueren, um über die Umbettung in den OP eingeschleust zu werden.

Rechts: Durch eine Verlagerung des SDS-Bereichs können die SDS-Patienten nach der OP-Vorbereitung direkt aus dem SDS-Bereich über die Bettenwarte in die Umbettung gehen, ohne einen öffentlichen Flur queren zu müssen.

c) Der Weg des Personals aus der Umkleide in den OP

Umständliche Wegeführung im OP – Der Weg des Personals aus der Umkleide in den OP

Links: Die Personalumkleiden befanden sich ursprünglich im Stockwerk oberhalb des OP-Bereichs, die Anbindung erfolgte lediglich über eine Treppe.

Rechts: In der Neugestaltung wurden die OP-Umkleiden auf die OP-Ebene verlegt, sodass sie unmittelbar angebunden werden können.

Krankenhaus-Bauplanung – Fehler 4:

Zu kleine Zimmer auf der Station

a) Die Größe der Patientenzimmer

Zu kleine Zimmer auf der Station – Die Größe der Patientenzimmer

Links: Die Größe der Patientenzimmer war für eine Klinik mit orthopädischem Schwerpunkt zu gering geplant. Der Bettenabstand betrug lediglich 1,20 Meter. Für eine funktionierende Mobilisation der Patienten am Bett sollte jedoch ein Abstand von ca. 1,80 Meter eingehalten werden.

Rechts: Durch eine einseitige Verbreiterung des Bettenhauses konnte in der Umplanung die optimale Patientenzimmertiefe zumindest für 28 der 41 Betten erreicht werden.

b) Die Größe der Zimmer auf der Intensivstation

Zu kleine Zimmer auf der Station – Die Größe der Zimmer auf der Intensivstation

Links: Die Größe der Zimmer betrug in der ursprünglichen Planung lediglich rund 17 Quadratmeter und damit zu wenig, um intensivpflichtige Patienten behandeln und pflegen zu können. Zudem erfüllte das Durchblickfenster hinter dem Türblatt mit einer Breite von nur rund 15 Zentimetern keinen Zweck.

Rechts: Nach der Überarbeitung erreicht die Größe der neuen ITS-Zimmer mit ca. 19,5 Quadratmetern annähernd die empfohlene Mindestgröße von 20 Quadratmetern.

c) Die Größe der Teeküche auf den Stationen

Zu kleine Zimmer auf der Station – Die Größe der Teeküche auf den Stationen

Links: Die Stations-Teeküchen waren mit 5,5 Quadratmetern sehr klein bemessen. Mit 80 Zentimetern Abstand war insbesondere der Platz vor der Küchenzeile sehr schmal.

Rechts: Durch die Verlagerung der Aufzugsgruppe (siehe Punkt 1) konnte hier der Entsorgungsraum angeordnet werden, sodass die Teeküche an diese Stelle platziert werden konnte. Am Ort der Teeküche sah die Neuplanung dafür ein kleines Lager vor.

Krankenhaus-Bauplanung – Fehler 5:

Schlecht geplante Krankenhaus-Cafeteria

a) Die Sitzplätze der Cafeteria

Schlecht geplante Krankenhaus-Cafeteria – Die Sitzplätze der Cafeteria

Links: Die Cafeteria war mit 55 Plätzen ursprünglich zu klein geplant worden. Bezogen auf eine Anzahl von 40 Prozent gehfähiger Patienten, die in der Cafeteria essen, dazu Besucher und Personal, sollten ca. 70 Plätze vorgehalten werden.

Rechts: Durch eine effizientere Anordnung der Tische kommt die neu geplante Cafeteria auf insgesamt 76 Sitzplätze. Die Sitzgelegenheiten lassen sich bei Bedarf flexibel anpassen und neuordnen.

b) Die Essensausgabe der Cafeteria

Schlecht geplante Krankenhaus-Cafeteria – Die Essensausgabe der Cafeteria

Links: Die geplante Essensausgabe der Cafeteria bot nur wenig Möglichkeiten, um neben den Tablett-Essen weitere Waren anzubieten, z. B. durch Getränkeautomaten.

Rechts: Die neue Essensausgabe bietet deutlich mehr Angebotsfläche – und dadurch die Möglichkeit weitere Produkte zum Verkauf anzubieten.

Fazit: Jede Klinik-Bauplanung ist anders​

In diesem Beitrag haben wir fünf Aspekte unter die Lupe genommen, bei denen es in der Bauplanung von Krankenhäusern zu Fehlplanungen kommen kann. Worin genau die Defizite liegen, unterscheidet sich von Bauprojekt zu Bauprojekt, denn jeder Krankenhausbau ist anders. Eines aber ist klar: Fehler passieren, und zwar immer. Daher empfehlen wir allen Bauherren – nicht nur beim Klinikbau – immer eine Zweitmeinung zur vorliegenden Bauplanung einzuholen. Das sollte unbedingt vor dem Beginn der Bauarbeiten passieren, denn nachträglich lassen sich Fehler nur unter großem Kosten- und Zeitaufwand beheben.

Haben Sie Fragen zu diesem Artikel, zu den beschriebenen Defiziten oder zu Ihrer eigenen Bauplanung? Dann sprechen Sie mich jetzt an.

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Sven Hettfleisch

Sven Hettfleisch

Geschäftsführer consus infratech

 

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