Blog | Fachbeitrag | Top-Beitrag
02.2025

Personalbemessung in der Psychiatrie: Die PPP-RL einfach erklärt für 7-Jährige

Symbolbild PPP-RL einfach erklärt: Kinder im Kita-Alter sitzen vor einer Erzieherin, ein Kind meldet sich

Kann man die PPP-RL so erklären, dass wirklich jeder sie versteht? Das hat sich unser Autor gefragt – und es einfach mal gemacht. Verständlich für 7-Jährige hat er die »Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie« aufgeschlüsselt und damit einen Nerv getroffen. Nicht nur fachfremde Personen, sondern auch Menschen, die tagtäglich in psychiatrischen Einrichtungen und psychosomatische Abteilungen arbeiten, können mit seinen Erläuterungen die komplexen Personalvorgaben zum ersten Mal richtig verstehen.

»So ein bürokratisches Ungetüm – allein der Name.« Reaktionen wie diese habe ich in meinem beruflichen Alltag immer wieder zu hören bekommen, wenn das Thema PPP-RL ins Spiel kam. »Warum können die das denn nicht so erklären, dass es jeder versteht?«, fragte mich ein Kunde. Er meinte das eher rhetorisch, bei mir allerdings hatte er einen Gedanken entfacht: Wie kann ich die Richtlinie für jeden verständlich machen? Das würde mir die Kommunikation erheblich erleichtern – egal, ob ich mit Kollegen, Kunden oder mit meiner Tochter spreche. Also habe ich mir den ganzen Gesetzestext der PPP-RL noch einmal gründlich vorgenommen und versucht die Essenz daraus zusammenzufassen, möglichst klar, verständlich und transparent. Falls Ihnen das Thema der Personalbemessung gemäß PPP-RL bislang auch immer zu komplex war, hoffe ich, dass mein Text Ihnen weiterhilft.

Was ist die PPP-RL?

Die PPP-RL – vollständig „Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie“ – ist eine Regelung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Deutschland. Die Richtlinie wurde geschaffen, um sicherzustellen, dass psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen – also Krankenhäuser und ähnliche Institutionen, die Menschen mit psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen behandeln – immer ausreichend Personal haben, um ihre Patienten bestmöglich zu versorgen.

Die Richtlinie gibt vor, wie viele und welche Art von Fachkräften in diesen Einrichtungen arbeiten müssen, damit Patienten eine qualitativ hochwertige, den aktuellen medizinischen Leitlinien entsprechende Behandlung erhalten. Sie legt dabei Mindestanforderungen fest, die sich nicht einfach als flexible Richtwerte verstehen lassen, sondern als verbindliche Vorgaben, die von den Krankenhäusern einzuhalten sind. Diese Mindestanforderungen sollen sicherstellen, dass in jeder Einrichtung immer genügend Personal vorhanden ist, um alle notwendigen diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Aufgaben zuverlässig und in der gebotenen Qualität zu erledigen.

 

Die PPP-RL und der Minutenwert

Ein zentrales Konzept in der PPP-RL ist der sogenannte „Minutenwert“. Dieser beschreibt, wie viel Zeit jede Berufsgruppe – zum Beispiel Ärzte, Pfleger, Psychotherapeuten oder Spezialtherapeuten – pro Patient und Woche für die Betreuung aufbringen sollte. Diese Minutenwerte variieren je nach Art und Schwere der Erkrankung des Patienten und je nachdem, in welchem Behandlungsbereich der Patient sich befindet. Die Festlegung dieser Minutenwerte erfolgt sehr differenziert, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden. So benötigt ein Patient in einer Intensivbehandlung unter Umständen viel mehr Aufmerksamkeit und Zeit von den Pflegekräften als jemand, der sich in einer Regelbehandlung befindet oder nur teilstationär, also nur tagsüber, in Behandlung ist.

»Die Berechnung der Minutenwerte
ist von entscheidender Bedeutung.«

Die Berechnung der Minutenwerte und die sich daraus ergebende Personalausstattung sind von entscheidender Bedeutung. Sie gewährleisten, dass in den Psychiatrien immer genügend Fachpersonal verfügbar ist, um die Patienten zu betreuen. Durch diese Berechnung kann der Personalbedarf transparent und nachvollziehbar ermittelt werden, was wiederum zur Einhaltung der hohen Standards in der Behandlung führt. Auf diese Weise verhindert die PPP-RL Überlastungen des Personals, was nicht nur die Arbeitsbedingungen verbessert, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung.

Mit dem Newsletter keine aktuellen Beiträge mehr verpassen

Das Nachweisverfahren der PPP-RL

PPP-RL enthält außerdem genaue Vorgaben für das Verfahren, mit dem Krankenhäuser regelmäßig nachweisen, dass sie die Mindestanforderungen erfüllen. Die Häuser sind verpflichtet, umfangreiche Berichte zu erstellen, in denen sie die PPP-RL-Umsetzung durch ihre tatsächliche Personalausstattung dokumentieren. Diese Berichte werden dann an die zuständigen Aufsichtsbehörden übermittelt, die die Einhaltung der Richtlinie überwachen. Wenn ein Krankenhaus die Vorgaben nicht einhält, können verschiedene Maßnahmen fällig werden – bis hin zum Entzug von Vergütungsansprüchen.

Die PPP-RL hat nicht nur die Patienten im Blick, sondern auch das Personal. Sie trägt dazu bei, die Arbeitsbelastung in den psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen fair zu verteilen und Überlastungen zu vermeiden. Gleichzeitig fördert sie eine hohe Qualität der Patientenversorgung, da sie sicherstellt, dass stets genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, um die notwendigen Behandlungen durchzuführen.

Symbolbild PPP-RL: Ein junger Arzt mit weißem Kittel hält ein Klemmbrett, an dem er z. B. den Personaleinsatz prüft

Die Konfliktpunkte der PPP-RL

Die PPP-RL ist ein ambitioniertes Vorhaben. Da ist es nur folgerichtig, dass sie auch Kritik von unterschiedlichen Seiten hervorruft und von manchen Stimmen eher als Sanktionsinstrument zur Gängelung von Krankenhäusern als ein Werkzeug zur bedarfsorientierten Personalbemessung gesehen wird. Unter anderem wird immer wieder angezweifelt, ob die PPP-RL den Krankenhäusern wirklich die erhoffte Entlastung und Unterstützung bringt. So bemängeln Kritiker neben dem bürokratischen Aufwand, den die Einhaltung der Personalbemessung im praktischen Alltag mitbringt, auch ihre fehlende Evidenzbasis. Die festgelegten Minutenwerte und Personalvorgaben basierten nicht auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und spiegelten weder die tatsächlichen Bedürfnisse der Patienten noch die aktuelle Personalsituation in den Kliniken adäquat wider.
Büroszene im Krankenhaus: Mitarbeiter an Schreibtischen planen die Personalbemessung gemäß PPP-RL
Aus Personalmangel, so der Vorwurf, schafften es ohnehin die wenigsten Kliniken, die Minutenwerte in allen Berufsgruppen wie vorgegeben zu mindestens 90 Prozent zu erfüllen. In der Realität werde oft zum Beispiel in einer Berufsgruppe eine Deckung von über 120 Prozent erreicht, während die anderen drei Berufsgruppen unter 90 Prozent lägen, weil nicht ausreichend Personal vorhanden sei.

Zwar lassen sich Leistungen zum Teil innerhalb der Berufsgruppen verschieben, so dass etwa psychologische Tätigkeiten von der Pflege übernommen werden können. Solche Umverteilungen sind allerdings nicht nur mühselig und rechtlich überhaupt nur eingeschränkt möglich. Sie führen am Ende in vielen Fällen auch nicht zum gewünschten Erfolg.

Ein weiterer Vorwurf an die PPP-RL ist, dass sie moderne Versorgungsformen unzureichend berücksichtige. Die Richtlinie orientiere sich hauptsächlich an traditionellen Versorgungsstrukturen und kaum an innovativen Behandlungsansätzen wie ambulanten oder teilstationären Modellen. Dies könne die Weiterentwicklung der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung hemmen.

Fazit: Die PPP-RL ist besser als ihr Ruf

Die PPP-RL ist ein zentrales Instrument zur Qualitätssicherung in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung in Deutschland. Trotz einiger berechtigter Kritikpunkte schafft sie meiner Meinung nach insgesamt klare Regeln und Vorgaben, die den Einrichtungen dabei helfen, eine bestmögliche Versorgung der Patienten sicherzustellen. Durch die Festlegung von Mindestanforderungen und die kontinuierliche Überprüfung ihrer Einhaltung trägt die Richtlinie dazu bei, dass die Versorgung in diesen sensiblen Bereichen des Gesundheitswesens auf einem hohen Niveau bleibt und Patienten die Betreuung erhalten, die sie benötigen.

»Die PPP-RL schafft eine gute Basis für eine nachhaltig
hochwertige Patientenversorgung in der Psychiatrie und Psychosomatik.«

Was mir an der PPP-RL ebenfalls gefällt, ist ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Der Gemeinsame Bundesausschuss verpflichtet sich, die Richtlinie kontinuierlich weiterzuentwickeln und anzupassen – und zwar insbesondere auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen aus den Krankenhäusern. So soll sichergestellt werden, dass die Richtlinie stets auf dem neuesten Stand bleibt und die realen Bedingungen in den Einrichtungen widerspiegelt. Durch diese Offenheit und Dynamik schafft die PPP-RL eine gute Basis für eine nachhaltig hochwertige Patientenversorgung in der Psychiatrie und Psychosomatik.

Ich hoffe, der Text hat dazu beigetragen, dass Sie die PPP-RL jetzt noch besser verstehen als zuvor. Haben Sie Fragen oder Feedback zu meinen Erläuterungen? Habe ich Ihrer Meinung nach etwas wichtiges vergessen? Dann freue ich mich über Ihr Feedback!

Sie finden diesen Artikel interessant und möchten ihn teilen?
Sven Lohmann

Sven Lohmann

Teamleitung PEPP-Controlling

 

Sven Lohmann gestaltet als Teamleiter die strategische Weiterentwicklung des PEPP-Controllings bei consus.health und betreut in dieser Funktion psychiatrische Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet. Der studierte Gesundheitsökonom bringt langjährige Erfahrung im Medizincontrolling, fundiertes Fachwissen in der Steuerung und Optimierung von Klinikprozessen sowie umfangreiche Expertise in der praktischen Umsetzung komplexer Abrechnungsstrukturen mit. Seine beruflichen Wurzeln liegen in der psychiatrischen Pflege, wo er praktische Erfahrung als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger sammelte, bevor er nach einer Spezialisierung zur klinischen Kodierfachkraft in leitenden Funktionen des Medizincontrollings tätig war.

 







    Die mit * markierten Felder müssen ausgefüllt werden.

    Lernen wir uns kennen.







      Die mit * markierten Felder müssen ausgefüllt werden.